
Auf  den Vesterålen und Lofoten im Norden Norwegens warten alle  Fischer:innen jedes Jahr im Januar gespannt auf den Skrei. Denn sobald  er sich nach seiner langen Reise aus der arktischen Barentssee zum  Laichen hier einfindet, beginnt die Fang-Saison des besonderen  Winterkabeljaus.
Dies ist ein lukratives Geschäft für alle an  Bord, es ist zugleich aber auch eine  äußerst  anstrengende  Zeit,  da   auf  dem  Meer  zwischen  Januar  und  April  eisige Temperaturen  und   teils  stürmische  Witterungen  herrschen.  In  den  ersten  Wochen   ist  es zudem überwiegend dunkel, erst ab Mitte Februar zeigt sich die  Sonne wieder für mehr als acht Stunden.
 
Zu den Fischer:innen  gehört auch die 28-jährige Norwegerin Sisilie Skagen, die sich vor vier  Jahren dazu entschloss, ihren Job im Gesundheitswesen aufzugeben, um in  einer männerdominierten  Branche  zu  arbeiten.  Zusammen  mit  ihrem   Partner  und  fünf  Kindern lebt sie auf den Lofoten im Norden  Norwegens. Für Sisilie ist es die dritte Skrei-Saison, in der sie mit  ihrem eigenen Boot „Braken“ auf das Meer herausfährt. 
 
Die junge  Fischerin kennt die See seit ihrer Kindheit, denn auch ihr Vater ist  Fischer – und von ihm lernte sie die Grundlagen der Fischerei. Schon im  Alter von sechs Jahren hat sie ihr Taschengeld als  Kabeljau-Zungenschneiderin in der Skrei-Saison verdient. Das  Zungenschneiden  ist  ein  gewöhnlicher  Ferienjob  für  viele  Kinder   in  der  Region.  Da  die Mädchen und Jungen gut bezahlt werden, ist der  Job sehr beliebt – inzwischen gibt es lange Wartelisten, um einen Platz  in den Zerlegeanlagen zu erhalten. 
 
Sisilie hat die Natur und  das Meer schon immer geliebt – in den ersten Jahren begann sie zusammen   mit  ihrem  Vater  je  nach  Jahreszeit  Kabeljau,  Seelachs,   Seehase,  Schwarzen Heilbutt und Seeteufel zu fischen. „Heute kann ich  mir keinen anderen Beruf vorstellen. Wie mein Vater werde ich wohl  fischen, solange es geht“, sagt die 28-Jährige. 
 
Der Skreifang  ist riskant und verlangt einem sehr viel ab. Die meisten Frauen in der  Branche arbeiten in den Fischfabriken, statt auf See zu fahren. Sisilie  sagt selbst: „Natürlich ist es für Frauen körperlich anstrengender, denn  wir haben nicht die Kraft und Größe, die die Männer meist  mitbringen.  Ich  selbst  bin  weder  groß  noch  besonders  stark, weshalb  ich   schneller und schlauer arbeiten muss.“ Um mit ihren überwiegend  männlichen Kollegen mithalten zu können, trainierte sie zu Beginn jeden  Tag im Fitnessstudio, um Muskeln aufzubauen und mehr  Kraft  zu   erlangen.  Viele  waren  skeptisch,  doch  inzwischen  wird  sie  von   ihren Kolleg:innen respektiert. 
 
Der Skrei schwimmt viele  Wochen, bevor er an der nördlichen Küste Norwegens in seinen  Laichgründen ankommt. Durch seine bis zu 1000 km lange, anstrengende  Reise durch die raue  Barentssee  erhält  er  ein  besonders  festes   und  zugleich  zartes  Fleisch,  wofür  er  als kulinarische Delikatesse  auf der ganzen Welt bekannt ist.  
 
Der  Skreifang  hat  eine   lange  Tradition  in  Norwegen  und  stellt  für  die  vielen  kleinen  Gemeinden  und  Fischer:innen  entlang  der  Küste  ein  wichtiges   Fundament  der  örtlichen Wirtschaft dar. Früher kamen zur Saison Boote  aus dem ganzen Land, um an der nördlichen Küste Skrei zu fangen. Auch  heute werden noch große Mengen gefischt – natürlich nur mit strengen  Fangquoten und Kontrollen, damit die Skreibestände sich nicht  verkleinern. Sisilie fing mit ihrem Vater in der Saison 2021 übrigens etwa 230 Tonnen.
Live von den Lofoten  
Von   Januar  bis  April  2022  berichtet  Sisilie  auf  Instagram    live   von  den Lofoten und ihren Erfahrungen als Skrei-Fischerin. 
Foto: Seafood from Norway





