In ihrem ausgezeichneten Projekt entwickelt die ecuadorianische Fotografin Isadora Romero eine vielschichtige visuelle Erzählung über zwei Nebelwälder ihres Heimatlandes: die Gemeinde Yunguilla im Biosphärenreservat Chocó Andino de Pichincha nahe der Hauptstadt Quito und das Reservat Mache-Chindul nahe der Pazifikküste.
Ihre Arbeit eröffnet einen sensiblen, poetischen Blick auf Formen des Zusammenlebens mit dem Wald in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften, Wissenschaftler:innen und Forschungsorganisationen sind über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr Fotografien entstanden, die ihren Ausgangspunkt in gemeinschaftlich organisierten Aufforstungsinitiativen, agroökologischen Praktiken und nachhaltigen Formen der Bewirtschaftung finden.
Romeros künstlerische Praxis bewegt sich zwischen dokumentarischer Fotografie und experimentellen Verfahren. In der Ausstellung treffen Materialexperimente mit Pflanzen und Textilien auf durch die Luftfeuchtigkeit des Waldes veränderte Fotografien lokaler Familienarchive. Zudem eröffnet der Einsatz von Infrarot- und UV-Technologien eine spekulative Perspektive auf die Wahrnehmung tierischer Waldbewohner:innen.
Ein zentrales Motiv ihrer Auseinandersetzung ist der generationenübergreifende Wissenstransfer. Hierunter fasst Romero auch das überlieferte Wissen indigener Kulturen wie der Yumbo und Jama Coaque. Sie folgt den Spuren präkolumbianischer Handelswege, den sogenannten culuncos, und fotografiert außerdem Artefakte aus lokalen Museen, die sie auf farbenprächtigen Stoffen in Szene setzt.
Notes on How to Build a Forest ist eine dekoloniale Reflexion über unser Verhältnis zur Natur. Romero gelingt hier eine nuancierte Erzählung über den Wald als lebendigen Organismus, die ihn nicht auf seine Zerstörung, seine Rolle als CO2-Speicher oder als westlich romantisierte Projektionsfläche „unberührter Natur“ reduziert. Die Arbeit fragt nach möglichen Zukünften des Waldes – als geteilter Lebensraum, Ort des kollektiven Gedächtnisses und kultureller Aushandlungen – und nicht zuletzt als Spiegel globaler Verantwortung im Zeitalter des Anthropozäns.
Die Doppelausstellung wird von Katharina Täschner, Junior-Kuratorin bei C/O Berlin, kuratiert. Es erscheint jeweils eine begleitende Publikation im Verlag Hartmann Books. Nach ihrer ersten Station bei C/O Berlin werden die Ausstellungen im Frühjahr 2026 im Open Space der Crespo Foundation in Frankfurt am Main zu sehen sein.
Isadora Romero (*1987, Ecuador) ist eine visuelle Erzählerin an der Schnittstelle von dokumentarischer und künstlerischer Fotografie. Ihr Schaffen zeichnet sich durch ein ausgeprägtes Engagement für soziale und ökologische Gerechtigkeit aus, mit besonderem Fokus auf Agrobiodiversität, Ernährungssouveränität sowie auf den historischen und symbolischen Verbindungen zwischen Mensch und Land. Sie dokumentiert und reflektiert die Beziehung von Gemeinschaften zu ihren Lebensräumen und entwickelt daraus neue Perspektiven – stets basierend auf einem kollaborativen, entschleunigten und kontextbezogenen Ansatz. Sie ist Mit-begründerin von Ruda, einem Kollektiv lateinamerikanischer Fotografinnen. Ihre Arbeiten wurden in Ecuador sowie international ausgestellt. Sie absolvierte Residencies in der Antarktis (INAE), in Mexiko (CASA) und in Luxemburg (Neimenster). Zu ihren Auszeichnungen zählen u.a. der Discovery Award bei den Rencontres d’Arles (2023), der globale und regionale Open Format Award von World Press Photo (2022), der Multimedia-Preis von POY Latam (2023) sowie der Marilyn Stafford Award (2021). Darüber hinaus wurde sie mit Stipendien der Magnum Foundation, des Prince Claus Fund und von National Geographic gefördert. Sie ist Autorin von Moving, to See You sowie Co-Autorin von Siete Punto Ocho.
C/O Berlin Foundation
Amerika Haus
Hardenbergstraße 22–24
10623 Berlin
Tel +49.30.284 44 16-0
www.co-berlin.org
Bild: Palms at Mache Chindul, 2024 © Isadora Romero & Ailín Blasco
ISADORA ROMERO „NOTES ON HOW TO BUILD A FOREST“
Ausstellung im C/O Berlin
Veröffentlicht am: 11.10.2025
Ausdrucken: Artikel drucken
Lesenzeichen: Lesezeichen speichern
Feedback: Mit uns Kontakt aufnehmen
Twitter: Folge uns auf Twitter
Facebook: Teile diesen Beitrag auf Facebook
Hoch: Hoch zum Seitenanfang