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Das mißachtete Weihnachtsgeschenk von Sigrid Kröger

Ich möchte gerne ein Märchenbuch haben!



Auf meiner Wunschliste an das Christkind stand: „Ich möchte gerne ein Märchenbuch haben!“

Anscheinend war ich lieb gewesen, denn das Christkind brachte mir gleich drei Bücher. Ich sehe sie noch heute vor mir: Die Umschläge waren grauglänzend mit einem bunten Titelbild. Ich bekam „Rotkäppchen und der Wolf“, „Aschenputtel“ und „Schneewittchen und die sieben Zwerge“. Weil ich noch nicht lesen konnte, schaute ich mir die Bilder an. Meine Oma versprach, mir die Geschichten vorzulesen.

Am ersten Weihnachtstag kam meine Tante mit Vetter Rolf zu Besuch. Weder mein Vater noch mein Onkel waren anwesend. Zumindest zeigt sie mir meine Erinnerung nicht, und ich nehme an, daß sie keinen Heimaturlaub bekommen hatten – es war ja Krieg! Wie immer tobte ich mit Rolf in der kleinen Wohnung herum, und keine der Mütter oder die Oma schimpften, weil wir zu laut waren. Gegen Abend steigerte sich unser Übermut, wie das bei kleinen Kindern so ist.
Rolf meinte: „Komm, wir spielen Fangen.“

Ausgerechnet meine neuen Märchenbücher suchte er dazu aus, und wir warfen sie quer durch den Raum, um sie zu fangen oder auch fallen zu lassen.
Plötzlich stand meine Mutter im Zimmer. Ich hatte sie noch nie so wütend gesehen, und der Wut folgte Traurigkeit. Stillschweigend nahm sie uns die Bücher ab und legte sie wieder unter den Weihnachtsbaum.

Am nächsten Morgen lief ich ins Wohnzimmer zu meinen Büchern. Oh Schreck – da war kein einziges Buch mehr!
„Ja“, sagte meine Oma, „das Christkind hat sie wiedergeholt und wahrscheinlich einem Kind gebracht, das achtsamer mit seinen Geschenken umgeht!“
Ich war unglücklich und weinte sehr. Abends betete ich zum Christkind, es möge doch nicht mehr böse sein und mir die schönen Bücher wiederbringen – ich würde auch von nun an mit meinen Spielsachen immer vorsichtig umgehen.

Mein Gebet wurde erhört. Am nächsten Tag lagen die Bücher wieder unter dem Weihnachtsbaum. Ich kann mich heute noch erinnern, welch ein Glücksgefühl das war!
Was allerdings in meinem Inneren noch nagte, war die Erinnerung an das traurige Gesicht meiner Mutter.

Viel später erklärte mir meine Oma, warum meine Mutter so traurig war. In der Kriegszeit hatte das Christkind Schwierigkeiten, den Kindern ihre Wünsche zu erfüllen, und somit mußten die Mütter helfen, diese Spielsachen zu besorgen. Schweren Herzens hatte meine Mutter etwas, das ihr sehr wichtig war und woran sie sehr hing, gegen diese Bücher eingetauscht, um mir meinen Wunsch zu erfüllen. Welcher Gegenstand das war, habe ich nie erfahren.



Unvergessene Weihnachten. Band 7
29 Zeitzeugen-Erinnerungen
Zeitgut-Verlag Berlin   
Preis: 8,90 Euro
ISBN: 978-3-86614-203-9

 


Veröffentlicht am: 21.12.2023

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