Startseite  
   

17.05.2024

 

 

Like uns auf Facebook

Folge uns auf Twitter

 


 

Werbung


Vorherigen Artikel lesen Nächsten Artikel lesen

 

Der Krippenspiel-Stollen von Wolfgang Herold

Bad Reichenhall – Piding, Bayern;Mitte der 50er Jahre



Mitte der 50er Jahre führte die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Bad Reichenhall immer zur Advents- und Weihnachtszeit ein Krippenspiel auf.

Das Aufgebot an Laienschauspielern war enorm. Vor allem aus Kindern, die Hochdeutsch sprachen, einige Sätze ohne Lampenfieber auswendig sprechen konnten und einen zumindest lockeren Bezug zum Sudetenland hatten, rekrutierten sich die Legionen von Engeln und Hirten. So durfte meine Schwester, die schon als Kind nach Höherem strebte, wenn auch keinen Erzengel, so doch einen wichtigen Engel spielen, während ich der eher erdverbundenen Schafhütertruppe angehörte.

Gespielt wurde auf der etwas erhöhten Bühne des „Deutschen Hauses“ in Reichenhall und auf der fast ebenerdigen Bühne des Gasthauses „Post“ in Piding. Beiden Bühnen gemeinsam war, daß sie aus Holzbrettern bestanden, die nicht nur bei jedem Schritt knackten und knarrten, sondern die zudem höchstens einmal im Jahr einen Besen – Staubsauger waren damals noch unbekannt – gesehen hatten.
Das wäre nicht so tragisch gewesen, wenn nicht das Drehbuch den Hirten die wichtige Aufgabe zugewiesen hätte, den Platz vor Bethlehems Stall blitzblank zu kehren, so wie es sich eben für ein deutsches Krippenspiel gehört. Und so fegten wir Hirten, bis sich nicht nur über die Bühne, sondern auch über den Zuschauerraum ein leichter Grauschleier legte, was die Gäste zwar klaglos hinnahmen, aber doch mit Husten und Räuspern quittierten.

Das Pikante dabei jedoch war, daß die Hirten dem Christkind als Geschenk einen etwa anderthalb Meter langen Stollen vor die Krippe legten, der vom aufgewirbelten Staub wie mit Puderzucker überzogen aussah. Der Stollen – es war immer derselbe – machte alle fünf bis sechs Aufführungen mit, wobei sein Staubüberzug von Mal zu Mal dicker wurde.

Im Januar, wenn alles gut überstanden war, fanden sich alle Mitwirkenden zu einer Abschlußfeier ein, bei der zu Kaffee oder Tee auch der eingestaubte Stollen, schön in Scheiben geschnitten, gegessen wurde. Die trockene Bühnenluft hatte ihn im Laufe der Zeit so hart werden lassen, daß er sich nur noch genießen ließ, wenn man ihn vorher in Kaffee oder Tee eintunkte. Doch dies blieb meiner Schwester und mir regelmäßig erspart, da uns unsere Mutter vor der Abschlußfeier jeweils die strenge Order erteilte, ja nichts von diesem eingestaubten, ausgetrockneten Krippenspiel-Stollen zu essen. Ich weiß heute allerdings nicht mehr, ob wir uns immer so strikt daran gehalten haben.



Unvergessene Weihnachten. Band 6

29 Zeitzeugen-Erinnerungen
Zeitgut-Verlag Berlin    www.zeitgut.com
Preis: 8,90 Euro
ISBN: 978-3-86614-265-7

 


Veröffentlicht am: 19.12.2023

AusdruckenArtikel drucken

LesenzeichenLesezeichen speichern

FeedbackMit uns Kontakt aufnehmen

NewsletterNewsletter bestellen und abbestellen

TwitterFolge uns auf Twitter

FacebookTeile diesen Beitrag auf Facebook

Hoch: Hoch zum Seitenanfang

Nächsten Artikel: lesen

Vorherigen Artikel: lesen

 


Werbung

 


Werbung - für eine gute Sache

 
         
     
     
     

Besuchen Sie auch diese Seiten in unserem Netzwerk
| Börsen-Lexikon - erklärt die Börse
| fotomensch berlin - der Fotograf von genussmaenner.de
| Frauenfinanzseite - alles für die Businessfrau
| Geld & Genuss - Lifestyle, Finanzen und Vorsorge für alle
| geniesserinnen.de - Genuss auch für die Damen
| gentleman today - Edel geht die Welt zu Grunde
| instock der Börseninformationsdienst
| marketingmensch | Agentur für Marketing, Werbung & Internet
| Unter der Lupe bewertet Gutes

 
Service
Impressum
Kontakt
Mediadaten
Newsletter
Datenschutzhinweis
Nutzungshinweise
Presse
Redaktion
RSS 
Sitemap
Suchen

 
Rechtliches
© 2007 - 2024 by genussmaenner.de. Alle Rechte vorbehalten.