Morgengruß von Helmut Harff: Das hatte ich schon vergessen

Eigentlich bin ich alt genug, um meine Memoiren zu schreiben. Vielleicht bin ich auch noch fit genug dazu. Ich habe sogar schon einen Titel für das Buch „Das hatte ich schon vergessen“. Doch ich habe ein Problem – womit anfangen?

Ja womit anfangen? Mit meiner Geburt? Darüber kann ich eigentlich nichts berichten. Was ich da schreiben würde, kenne ich ja höchstens vom Hörensagen. Und wenn ich bei meinen Großeltern beginnen würde? Dann ist das noch schlimmer, denn eigentlich kann ich mich nur an meine Oma väterlicherseits erinnern. Die andere Oma starb vor meiner Geburt, an einen Opa kann ich mich nur dunkel erinnern, der andere überlebte die Flucht nicht.

Dabei sind es die Omas, die das Leben wirklich meisterten. Beide waren selbstständig, die eine als Schneiderin, die andere als Plätterin. Auch meine Opas hätte ich gern so vieles gefragt. So bin ich also auf mich gestellt, würde ich mich an den Rechner setzen und mein Leben aufschreiben. Da gäbe es schon so einiges zu erzählen, was so kein anderer erlebt hat. Wenn ich darüber nachdenke, so habe ich vieles schon vergessen, was wieder aufploppen müsste. Ob mich da nicht die eine oder andere Erinnerung täuscht? Ob ich alles so schildern könnte, wie es sich tatsächlich zugetragen hat? Haben sich da die Dinge im Laufe der Jahrzehnte in meinem Hirn so abgespeichert, wie sie sich wirklich zugetragen haben? Man kann ja andere fragen. Doch ist deren Erinnerung so, dass man sich darauf verlassen kann? Kennen die noch all die Namen, die ich schon vergessen habe?

Ganz frisch sind jeden Tag die Erinnerungen an mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Bartholomäus, Michaela, Isolde

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