Die internationale Ausstellung zeitgenössischer Kunst OSTRALE Biennale 2025 begann am 7. Juni und wird bis zum 5. Oktober 2025 täglich donnerstags bis sonntags stattfinden.
Zum 15. Mal vereint die OSTRALE internationale künstlerische Positionen in Dresden – bereits zum dritten Mal in der robotron-Kantine, einem noch unsanierten, interimsweise genutzten Pavillonbau der Ostmoderne im Zentrum der Kulturstadt. Der diesjährige Titel NEVER GREY fordert die Auflösung des schwarz-weiß-Denkens hin zu einer offenen Wahrnehmung der farbigen Vielfalt unserer Wirklichkeit.
Das Motto der diesjährigen Biennale bezieht sich auf einen Aphorismus von Jürgen Wilbert (*1945): „Wer schwarz-weiß denkt, dem graut vor Zwischentönen.“
Der thematische Fokus der Kuratorinnen liegt in einer differenzierten Auseinandersetzung mit komplexen und aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen, wie Krieg, Identität, Konsumverhalten und Umgang mit der Natur. Im Mittelpunkt des kuratorischen Ansatzes der „O25“ steht die Idee der Farbe als Material, Symbol und Dialog, im Kontext von Bewegung, Poesie, Spiritualität und Wissenschaft. Farben sind dabei Ausdruck von Identität, eines kulturellen und politischen Raums.
Die Farbe als Mittel zur Aktivierung und Verstärkung der Wahrnehmung sowie zur Förderung des Diskurses sei insofern der „bunte“ Faden auch in der Dramaturgie der Ausstellung, erläutert Andrea Hilger, Direktorin der OSTRALE Biennale. Sie fordert: „Wir müssen Veränderung zulassen, besser wahrnehmen, Zwischentöne verstehen, Zeit füreinander und umeinander für alles Leben bewahren, behalten und geben.“
„Skulpturale Hängung“ verspricht besondere Ausstellung
Neugierig macht die Herangehensweise für die diesjährige Ausstellung, die von Dr. Veronika Krülle Kotoucova (CZ - OSTRALE Kuratorin), Antka Hofmann und Andrea Hilger (künstlerisches Leitungsteam), Drorit Gur Arie (Israel) und Evelyn Drewes (Hamburg, Berlin) kuratiert wurde. Andrea Hilger: „Das Besondere in diesem Jahr ist die Hängung der Werke. Bewusst lösen wir den klassischen Aufbau auf, verbinden das Kunsthistorische und Wissenschaftliche mit dem Blickwinkel der bildenden und darstellenden Kunst. Die O25 bricht herkömmliche Muster und Erzählstränge auf, poetische Textbausteine stehen in Verbindung mit sichtbaren Farbgrenzen. Die skulpturale Hängung in der robotron-Kantine löst Räume auf und setzt Blickachsen zu neuen Sichtweisen – wobei stets die Farbe zur Provokation oder Befriedung dient und, bewusst gesetzt, mit den Inhalten interagiert.“
Auswahl künstlerischer Positionen
Zu sehen sind ca. 300 Werke von 106 Künstlerinnen und Künstlern aus 32 Nationen.
Auftakt-Performance
Den Auftakt zur OSTRALE Biennale bildet die neueste Performance des Psychedelic Choirs unter der Leitung von Zorka Wollny (PL). Das Werk mit dem Titel „Alle Sprachen der Welt“. wurde mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Kunst und Musik für Dresden eigens für diesen Anlass konzipiert. Vorstandsvorsitzende Martina de Maizière betont: „Wir freuen uns, dass die OSTRALE Biennale wieder in der robotron-Kantine stattfindet und dieser Ort damit einmal mehr öffentlich wahrgenommen werden kann. Mit der Performance von Zorka Wollny zur Eröffnung der Ausstellung kehrt unsere Jubiläumspreisträgerin zurück nach Dresden und verwandelt das Areal rund um die Kantine in einen lebendigen Resonanzraum. Darauf freuen wir uns besonders!“ Die Performance in Form einer Klanglandschaft widmet sich der Vielfalt des Lebens. Sie will das Publikum in andere, alternative Realitäten versetzen, die zwar parallel zu unserer eigenen, menschlichen Realität existieren, doch für uns unbekannt und somit unsichtbar sind. Sie will die Sensibilität der Besucher stärken, Horizonte erweitern und andere Lebenswelten vermitteln.
Im Außengelände der robotron-Kantine wird die begehbare Lichtskulptur „unendlich BLAU“ der Künstler Lucas Oertel (DE) und Jan Danzig (CZ) erlebbar sein. Sie stellen die Frage: „Welche Rolle spielt Blau in unserer Gesellschaft?“ Die Skulptur soll als von Licht und Farbe durchfluteter Resonanzraum eine existenzielle, körperlich erfahrbare Dimension von Farbe und Licht in den Stadtraum bringen, welche die Wirkung von Farbe unmittelbar erlebbar macht.
Porträts junger Erwachsener, gemalt von Anya Janssens (NL), sollen eine hoffnungsvolle Zukunft in einer von Unsicherheiten geprägten Gegenwart verkörpern. Ihre eigene Zukunftsangst hat Janssen dabei als investigativen Optimismus neu definiert.
Zu sehen sind auch Figuren von Daniel Paul (CZ), der sich mit der Dualität von äußerem Schein und innerer Realität auseinandersetzt.
Die gezeigten Malereien von Inna Artemova (RU) reflektieren den Dualismus von Natur und Kultur sowie die Abkehr von der Natur, einhergehend mit der ökologischen Krise, und fordern dazu auf, unser Verhältnis zur Natur und unsere dominierende Rolle zu überdenken – andere Perspektiven sollen unsere zentristische Ich-Wahrnehmung verschieben und die Bedeutung anderer Lebensweisen hervorheben.
Leos Suchan (CZ) überträgt in seiner Malerei das barocke Streben nach illusionistischer Schönheit und materieller Opulenz in die Gegenwart und aktualisiert zugleich die barocke Hinwendung zur Subjektivität, die einerseits vom Staunen über den Reichtum und die Schönheit der vergänglichen Welt und andererseits von einer erhabenen Sehnsucht nach der Ewigkeit motiviert wurde. In „Bags and Boxes II“ tritt dieses Erbe in einen Dialog mit der heutigen Konsumrealität – zwischen meditativer Ruhe und dynamischer, unkontrollierter Expressivität, zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Natalie Perkof (CZ) thematisiert in ihren haptischen, malerischen Großformaten die gesellschaftliche Dichotomie von „männlicher“ und „weiblicher“ Welt mitsamt den damit verbundenen Zuschreibungen vermeintlich geschlechtstypischer Eigenschaften. Die Künstlerin verweist darauf, dass jeder Mensch als Individuum Eigenschaften in sich trägt – jenseits solcher Kategorien –, die aus seiner eigenen Natur, seinem Wesen und seiner Einzigartigkeit hervorgehen.
Ebenfalls zu sehen sind unter vielen anderen auch Arbeiten von Lee Yanor (Israel) – in mehreren großformatigen Videoinstallationen setzt sie sich mit der Wahrnehmung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinander. So zeigt eine Serie farbreicher Sequenzen, die aus MRT-Scans extrahiert wurden, dynamisch vibrierende Neuronen.
Öffnungstage, Führungen, Zusätzlicher Ausstellungsbereich
Die OSTRALE Biennale wird in diesem Jahr nur jeweils von Donnerstag bis Sonntag geöffnet sein. An den Wochenenden finden Führungen für die Öffentlichkeit statt. Aufgrund einer Vielzahl von Anmeldungen von Schulklassen werden Donnerstags und Freitags je sechs Führungen (auf Anmeldung) stattfinden und Sa/So je 2 Führungen (ohne Anmeldung).
Von 14. Juni bis 5. Oktober wird ein zusätzlicher Ausstellungsbereich der O25 in der Gedenkstätte Bautzner Straße geöffnet sein.
Die OSTRALE Biennale ist eine der großen temporären Ausstellungen für zeitgenössische Künste in Deutschland. Die Leitgedanken der OSTRALE, wie unter anderem friedliches Miteinander, Akzeptanz des Fremden bzw. Unbekannten, respektvoller Umgang, religiöse Vielfalt und Internationalität, sowie das Aufrufen zu Nachhaltigkeit, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft spiegeln sich inhaltlich in den Ausstellungen wider.
Das Team der OSTRALE gestaltet häufig auch maßgebliche Teile des künstlerischen Programms Europäischer Kulturhauptstädte, wie 2010 in Pécs/Ungarn, 2016 in Breslau/Polen, 2018 in Valletta/Malta, 2020 in Rijeka/Kroatien (wegen Pandemie digital) und 2022 in der Europäischen Kulturhauptstadt Kaunas/Litauen. In den Jahren 2021-2022 war die OSTRALE federführend am Projekt „Flowing Connections“ beteiligt, das vom Creative Europe Programm der Europäischen Union co-finanziert wurde. 2026 ist eine „Out of OSTALE“ in Tschechien geplant.
F.d.R.d.A. Tobias Blaurock
robotron-Kantine
Zinzendorfstraße 5
Ecke Lingnerallee
01069 Dresden
Öffnungszeiten: Do. bis So. von 11 bis 19 Uhr
Dezentraler Ausstellungsort ab 14. Juni 2025:
Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden
Bautzner Straße 112a
01099 Dresden
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr
Bild: Anya Janssen NL, Evidence of things not seen, Öl auf Leinen, 90 x 120 cm, 2023
Foto: Hans Wijninga