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Schöner stromern zum Schnäppchenpreis

Der Mazda MX-30 rollt vor



Mazda macht auch bei seinem ersten Elektroauto MX-30 mal wieder sein eigenes Ding. Wo bei den Wettbewerbern üblicherweise die Batterie nicht groß genug sein kann, setzen die Japaner auf das sogenannte „Rightsizing“-Konzept, nach dem eine alltagstaugliche Reichweite zugunsten eines geringeren Gewichts und CO2-Bilanz reichen muss. Im Prinzip ist nichts dagegen zu sagen, würden sie nicht zugleich den damit verbundenen Vorteil wieder verschenken.

Denn das gerade mal 35,5 kWh starke Lithiumionen-Akku-Paket im Fahrzeugboden lässt sich über den bordeigenen Wechselstromlader nur einphasig aufladen. So tröpfeln selbst bei einer 22-kW-Wallbox nur bis zu maximal 6,6 kW in die Batterie, so dass eine volle Ladung knapp 4,5 Stunden dauert (bei dem auf hierzulande technisch und rechtlich gedrosselten 4,6 kW auch gerne länger). Mit einem dreiphasigen Kabel wäre das in gut der Hälfte der Zeit zu machen. Auch an der Schnellladesäule steht Mazdas erster Vollelektriker mit 50 kW maximaler Ladeleistung gute 30 bis 40 Minuten, bis die leeren Zellen wieder zu 80 Prozent gefüllt sind. An der normalen 16-Ampere-Hausaltssteckdose beträgt die Ladezeit gar zehn bis zwölf Stunden.

Ästhetisch ambitionierte Zeitgenossen können dagegen allerdings sofort einwenden: Ist egal, auf schöne Dinge wartet man nun mal gerne. Denn ohne Zweifel haben die Mazda-Designer auch bei der Gestaltung ihres ersten Elektro-Crossovers ein stilsicheres Händchen bewiesen. Wie die Bezeichnung nahelegt, zeigt der 4,40 Meter lange MX-30 mit seinem soliden wie elegant geformten Karosseriekörper, über dem sich ein coupéähnliches Dach schwingt, exakt die gleichen Maße und Proportionen wie das Verbrenner-Modell CX-30. Augenfälligster Unterschied sind die gegenläufig öffnenden Fondtüren, die ohne B-Säule auskommen, wie seinerzeit im Mazda RX-8 oder auch bei Mini Clubman oder Opel Meriva. Sie sollen die Rückbank als einladendes Sofa darstellen, erlauben durch ihre fast 90-Grad-Öffnung in jedem Fall aber das bequeme Einsteigen nach hinten, selbst für Menschen im Rollstuhl. Auch das sichere Platzieren des Nachwuchses im Kindersitz gelingt spielend, und das eine oder andere sperrige Ladegut lässt sich ebenso einfach verstauen. Der Kofferraum selbst schrumpft im Vergleich zum CX-30 allerdings um gute 70 auf 366 Liter und fasst damit kaum mehr als ein Polo.

Kork, recycelter Kunststoff und veganes Leder

Dennoch gehört der Innenraum zu den Highlights des MX-30. Nicht nur weil Cockpit, Armaturen und Materialien hochwertig gearbeitet sind und alles, was die Finger berühren, sich gut anfühlt. Ein Hingucker ist die „schwebende“ Mittelkonsole, auf der sich der Schaltknauf und der Dreh-Drück-Steller für den 8,8-Zoll-Infotainment-Bildschirm im Armaturenträger und ein weiterer 7-Zoll-Touchscreen für die Klimatisierung befinden. Durch den Wegfall des Kardantunnels ergibt sich darunter eine zusätzliche Ablagefläche, die ebenso wie das Fach vor der Konsole mit Kork bezogen ist – ein Tribut an die Anfänge des japanischen Unternehmens, das im Jahr 1920 als Toyo Cork Kogyo Co. als Korkproduzent begann. Daneben gesellen sich Gewebe aus recycelten PET-Flaschen für die obere Türverkleidung sowie je nach Ausstattung speziell entwickeltes weißes oder braunes Kunstleder, das mit klassischer Lederstruktur und Silikonbeschichtung kaum von Echtleder zu unterscheiden ist – mit dem gewichtigen Unterscheid, dass dafür keinem Tier das Fell über die Ohren gezogen wurde.

Apropos Naturfreund: Aus der Überlegung, den MX-30 durch die extrem CO2-lastige Herstellung einer großen Batterie nicht gleich mit einer miesen Ökobilanz starten zu lassen, die beim aktuellen Strommix in Deutschland und Europa erst nach Jahren wieder rausgefahren ist, entstand das Konzept der vergleichsweise bescheidenen Batteriegröße. Mit dem dankbaren Nebeneffekt, dass der Akku „nur“ mit 310 Kilogramm auf die knapp 1,7 Tonnen Gesamtgewicht schlägt. Dafür reicht der Saft nach kombinierter NEFZ-Norm aber auch „nur“ für 237 Kilometer. Nach WLTP-Messung bleibt der Wagen sogar schon nach genau 200 Kilometern auf der Strecke. Das beschränkt den Radius auf typische Pendlerrouten und urbane Regionen.

Sound der Geschwindigkeit

Wer seine individuelle Mobilitätsbedürfnisse kennt und darüber hinaus auch noch weiß, wo er regelmäßig laden kann, wird damit sicher leben können. Die ganz großen Sprünge wird er mit dem MX-30 ohnehin nicht machen können. Denn zu der vergleichsweise kleinen Batterie gesellt sich ein passender Elektromotor mit der bescheidenen Leistung von 145 PS (107 kW). Damit beschleunigt der frontgetriebene Mazda in 9,7 Sekunden auf Tempo 100 und schon bei 140 km/h wird ihm aus Effizienzgründen elektronisch der Saft abgedreht. Das ist auf der einen Seite sympathisch, weil er nicht dem seltsamen Wahn nach Monsterleistungen der vorwiegend deutschen Elektro-SUV verfällt. Andererseits wird das dem einen oder anderen zu wenig sein.

Den E-Auto-typischen Antritt jedoch beherrscht selbstverständlich auch der MX-30 mit seinen 271 Newtonmetern Drehmoment, die den Crossover aus dem Stand, ansatzlos und lautlos nach vorn katapultieren. Lautlos? Nicht ganz. Mit steigendem Tempo ist ein leicht sonor anschwellendes Geräusch zu hören, das dem Fahrer ein Gefühl für die Geschwindigkeit vermitteln soll. Mazdas Ingenieure nutzen hier die menschliche Fähigkeit, Geschwindigkeit anhand der Akkustik einschätzen zu können und schicken den Sound über das Audiosystem ins Wageninnere. Er ist stets sportlich-präsent, aber nicht aufdringlich.

Verwirrende Rekuperationsspielerei

Deutlicher bemerkbarer machen sich dagegen schon die harten Abrollgeräusche, ebenso wie das leichte Poltern über Gullydeckel und Querfugen, das bei jedem Elektroauto durch die Akkupacks im Unterboden entsteht. Auch bei schneller Kurvenfahrt ist die zusätzliche Masse zu spüren. Speziell für den MX-30 haben die japanischen Ingenieure deshalb ihre inzwischen in allen neuen Mazda eingebaute Fahrdynamikregelung G-Vectoring Control (GVC) mit einer elektronischen Steuerung weiterentwickelt. Mit einer ausgeklügelten Regelung von Drehmoment- und Radlastverteilung verbessert das System die Lenk- und Fahrstabilität auf kurvigen, aber auch geraden Abschnitten und gibt dem Wagen ein narrensicheres Handling.

Wie bei Elektroautos üblich, lassen sich Antrieb und Verzögerung auch beim MX-30 allein mit dem Motorpedal steuern. Drauf treten für volle Beschleunigung, Energierückgewinnung (Rekuperation) in abgestufter Form beim Loslassen und Bremsen. Doch auch hier haben sich die Mazda-Ingenieure etwas einfallen lassen. Über die Lenkradpaddel lassen sich, ausgehend von einer Normalstellung, jeweils zwei Stufen mit mehr oder weniger Verzögerung und Rekuperation einstellen, die Bergan- und Bergabfahrten simulieren sollen. Was jedoch als ausgeklügeltes System zur gleichmäßigen und harmonischeren Fahrweise gedacht, entpuppt sich schon nach wenigen Kilometern als verwirrende Spielerei, an dessen konsequente Befolgung man schnell Lust und Laune verliert. Die üblichen und bewährten zwei oder drei Verzögerungs- und Rekuperationsstufen hätten hier ebenso ausgereicht.

Einführungsedition zum Bestellstart




Keinen Unterscheid macht der MX-30 in Sachen Sicherheit. Im Gegenteil, in dem Stromer wurde die elektronische Helferschar sogar noch weiter ausgebaut. So erkennt der Notbremsassistent jetzt nicht nur Fußgänger- und Radfahrer, sondern warnt mit einer zusätzlichen Kreuzungsfunktion beim Abbiegen vor einer drohenden Kollision. Ebenso soll der noch empfindlichere Totwinkel-Assistent Zusammenstöße beim Spurwechsel verhindern, während der neue Spurhalteassistent den Wagen nun auch ohne Fahrbahnmarkierungen in der Spur hält. Darüber hinaus hat Mazda die Karosserie zusätzlich verstärkt, damit die bei einem Seitenaufprall eintretenden Kräfte, trotz der gegenläufig öffnenden Türen und dem damit verbundenen Wegfall der stabilisierenden B-Säule, abgeleitet werden können.

Das Beste zum Schluss: die Preise. Durch die avisierte staatliche Erhöhung der Umweltprämie plus gleichzeitiger Absenkung der Mehrwertsteuer und dem Rabatt der Hersteller sind Elektroautos plötzlich sehr erschwinglich. Beim MX-30 kommt noch hinzu, dass Mazda Deutschland bis zur Markteinführung am 25./26. September neben der Einstiegsversion (ab 32.646 Euro, mit 16 Prozent MwSt.) für 500 Euro extra eine exklusive Einführungsvariante mit weiteren 2534 Euro Preisvorteil anbietet. Unterm Strich ist der Mazda MX-30 mit First-Edition-Paket für 33.134 Euro somit nach Abzug der Umweltprämie von derzeit 9480 Euro schon für 23.654 Euro zu haben. Und das Modell ist dann neben der Basisausstattung, unter anderem mit Voll-LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik mit Touch-Panel, Navi- und Konnektivitätssystem mit 8,8-Zoll-Display, Head-up-Display, 18-Zoll-Aluräder sowie dem kompletten Assistenzpaket, Matrix-Lichtsystem, Sitzheizung und Metallic-Lackierung gerüstet. Günstiger geht nicht – und wird es vielleicht auch nie wieder.

Fazit: Der Mazda MX-30 ist ein Fall für sich. Ästhetische Feingeister werden sich an den gefälligen Linien und Proportionen außen wie innen erfreuen, Ökofreunde an der umweltverträglicheren Batterieproduktion und dem verstärkten Einsatz von Recyclingmaterialien. Dem sportlich angehauchten Alltagsfahrer wird es sicher an Leistung und Reichweite fehlen. Ohne Zweifel jedoch zeigt Mazda als vergleichsweise kleiner und konzernunabhängiger Einzelmarken-Hersteller, dass es möglich ist, ohne großes Trara und Marketinggetöse in kürzester Zeit ein alltagstaugliches und attraktives Elektroauto zum erschwinglichen Preis in die Serie zu bringen. Davon träumen andere noch.

Fotos: Auto-Medienportal.Net/Frank Wald/Mazda

 


Veröffentlicht am: 23.06.2020

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