
Auch  bei einer ärztlichen Tätigkeit für die Kassenärztlichen Vereinigungen  (KV) oder öffentliche sowie freie Träger eines Corona-Impfzentrums ist  die sog. "Scheinselbständigkeit" keineswegs ausgeschlossen.
Wir  raten allen Ärzten, dies bei der KV explizit zu erfragen und im  Zweifelsfall ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen  Rentenversicherung (DRV) zu beantragen.
Impfzentren sind aktuell  Einrichtungen mit fremder Organisationsstruktur, die dem Arzt keinen  Spielraum für eine selbständige Tätigkeit lassen. Bisher gibt es dazu  keine sozialrechtliche Grundlage und die Rechtsprechung im Bereich der  Honorartätigkeiten von Ärzten ist seit dem Urteil des  Bundessozialgerichts vom Juni 2019 (Aktenzeichen B 12 R 11/18 R)  höchstrichterlich. U.a. wurde darin vom BSG festgestellt, dass der  bundesweite Ärztemangel kein Grund dafür sein kann, dass  sozialrechtliche Regelungen nicht gelten. Auch eine Pandemie setzt das  Sozialrecht nicht außer Kraft.
Wenn man jetzt dringend Ärzte  sucht, die auf Honorarbasis tätig werden sollen, dann benötigen diese  Rechtssicherheit. Das gilt auch für die Betreiber von Impfzentren und  deren gesetzliche Vertreter. Es drohen Strafverfahren nach § 266a und 27  StGB für Ärzte und Auftraggeber, die oft zunächst vom Zoll geführt  werden. Eine Einstellung des Verfahrens im Ermittlungsstadium ist daher  nur sehr schwer zu erreichen.
Der Gesetzgeber ist damit  aufgefordert, umgehend die selbständige Tätigkeit von Ärzten gesetzlich  eindeutig und rechtssicher für Auftraggeber und Auftragnehmer zu regeln.  Ansonsten drohen erneut Statusfeststellungsverfahren im Rahmen von  Betriebsprüfungen durch die DRV, Strafverfahren und Nachzahlungen in  Millionenhöhe, wie bereits im Klinikbereich geschehen.
Zum Hintergrund
Bei  einer Tätigkeit als Arzt ist eine sozialversicherungspflichtige  Beschäftigung nicht von vorneherein wegen der besonderen Qualität der  ärztlichen Heilkunde als Dienst „höherer Art“ ausgeschlossen.  Entscheidend ist, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in  eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Letzteres ist bei Ärzten  in einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der  Organisation herrscht, auf die die Betroffenen keinen eigenen  unternehmerischen Einfluss haben. 
Dieser höhere Grad der  Organisation dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in einem  Impfzentrum gegeben sein, auf dessen Organisation (z.B. Steuerung der  Patientenströme) der Arzt ebenfalls keinen Einfluss hat. Ärzte, die auf  Honorarbasis in einem Impfzentrum arbeiten, sind ganz überwiegend auf  die personellen und sachlichen Ressourcen des Impfzentrums angewiesen,  die sie bei ihrer Tätigkeit nutzen. Ärzte, die Impfungen in einem  solchen Umfeld vornehmen, sind - nicht anders als z.B. bei einem im  Krankenhaus angestellten Arzt - vollständig eingegliedert in den  Betriebsablauf. Unternehmerische Entscheidungsspielräume sind bei der  Tätigkeit als Impfarzt wohl eher nicht gegeben. Zumindest muss man dies  auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung annehmen.
Quelle: Bundesverband der Honorarärzte BV-H
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