Technisch gesehen handelt es sich nur um eine weitere Spielart des Wolfsburger Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB), auf dem auch schon VW ID 4 und Skoda Enyaq fahren.
Doch auf der Straße ist der neue Audi Q4 e-Tron eine echte Erscheinung, die in ihrer ebenso technischen wie edlen Eleganz mit den Konzernbrüder so gar nichts gemein hat. Der kompakte SUV-Stromer kommt vom Start weg in zwei Karosseriearten: als klassisches SUV und als Sportback in einer trendigen Coupéform. Vor allem aber als erster Audi-Vollelektriker, der bei einem Einstiegspreis ab 41.900 Euro (knapp 32.000 Euro nach Abzug der Förderprämie) auch für größere Kreise erschwinglich scheint – zumindest wenn es einem nicht nach mehr Leistung und Ausstattung verlangt und man sich auch noch ein wenig gedulden kann.
Denn von den drei möglichen Motorisierungen sind ab sofort nur der Q4 40 e-Tron mit 150 kW (204 PS) und der Q4 50 e-Tron quattro mit 220 kW (299 PS) zu haben. Das Basismodell Q4 35 e-Tron mit 125 kW (170 PS) kommt erst gegen Ende des Jahres. Und damit starten die Preise zurzeit auch erst ab 47.500 Euro. Für die Topversion mit elektrischem Allradantrieb ruft Audi mindestens 53.600 Euro auf. Und für die Sportback-Varianten noch mal jeweils 2000 Euro mehr. Weil diese ebenfalls erst nach dem Sommer folgen sollen, wählten wir für eine erste Proberunde das derzeitige Einstiegs-SUV mit Hinterradantrieb.
Der wirkt mit seinen ebenso stämmigen wie stimmigen Proportionen wie aus einem Guß gefräst. Kurze vordere Überhänge, hoher Bug mit geschlossenem Singleframe-Grill und vollflächigen Ringen (hinter denen verschiedene Sensoren stecken), bis zu 21 Zoll große Räder, muskulös geformte Flanken und ein breit gezogenes Heck mit markantem Dachspoiler und durchgehendem Leuchtenband am Heck sind die Merkmale, die hängen bleiben. Außerdem die digitalen Tagfahrlichtsignaturen der optionalen Matrix-LED-Scheinwerfer, die über das MMI touch jederzeit in vier verschiedenen Mustern variiert werden können.
Was beim Einstieg sofort auffällt, ist die klassische Cockpit-Layout mit integriertem 10,25-Zoll-Kombiinstrument, leicht zum Fahrer geneigten Armaturenträger mit 10,1 bis 11,6 Zoll großem Touchscreen und Tastenfeld für die Klimasteuerung darunter sowie einem zumindest angedeuteten Mitteltunnel, der wegen des Wegfalls von Getriebe und Kardantunnel im Grunde nicht mehr notwendig wäre. Doch Audi will den Fahrer offensichtlich nicht – wie ein VW ID 4 – mit neuer Instrumentierung und Bedienung überfrachten. Deshalb erstrahlen Armaturenträger und Oberflächen wie gewohnt und vielfach geschätzt in matter Alu- und glänzender Klavierlack-Optik sowie qualitativ hochwertigen Leder- und Holztexturen.
Futuristisch anmutendes Lenkrad
Und doch haben die Ingenieure die Skateboard-Bauweise des MEB genutzt, um erstmals großzügige, insgesamt knapp 25 Liter fassende, Ablageflächen und Stauräume rund um den Fahrerplatz zu schaffen. Etwa das 4,4 Liter-Fach zwischen den Vordersitzen oder die Einschübe in allen vier Türverkleidungen, von denen jede nun locker eine 1-Liter-Flasche wegstecken kann. Und ein wenig futuristisch wirkt immerhin das (optional) erstmals unten und oben abgeflachte Lenkrad, das einen Hauch Raumschiff-Steuerung vermittelt und die schwebende Mittelkonsole, auf dem der Startknopf und Fahrstufen-Hebel thronen.
Überhaupt wirkt der Q4 e-Tron innen größer als seine kompakten 4,59 Meter Länge vermuten lassen. Aber 2,76 Meter Radstand schaffen halt jede Menge Platz, in erster Linie für die Fondpassagiere, die sich trotzdem sie sieben Zentimeter höher sitzen über Knie- und Kopffreiheit eines Q7 freuen dürfen. Die Rückbank lässt sich selbstverständlich geteilt umklappen, wodurch der Kofferraum von 520 auf 1490 Liter wächst, im Sportback sind es in der Normalstellung sogar 535 Liter. Vorne genießen die Insassen eine geräumige Bewegungsfreiheit und großzügige Übersicht, der Fahrer sogar den vorauseilenden Fernblick, wenn das optionale Augmented Reality Head-up-Display an Bord ist. Ähnlich wie bei VW und Skoda projiziert es blau animierte Navigationspfeile auf die Fahrbahn, warnt mit gelb-roten Begrenzungsstreifen vor Verlassen der Spur und zeigt mit grünem Balken den Abstand zum Vorausfahrenden. Das funktioniert erstaunlich zuverlässig, so dass man es sogar vermisst, wenn es mal deaktiviert ist.
Bis zu 534 Kilometer Reichweite
Fast schon unspektakulär – im besten Sinne – verlief dagegen die erste Testrunde im Q4 40 e-Tron. Das immerhin mehr als zwei Tonnen schwere SUV wirkt auch mit „nur“ 150 kW (204 PS) nicht untermotorisiert, was wohl vor allem an den 310 Nm Drehmoment liegt, die vom Start weg in jeder Situation für den nötigen Druck sorgen. Den klassische Tempo-100-Marke ist nach 8,5 Sekunden erreicht, wobei das Elektrofahrer weniger interessiert als die maximale Reichweite, zugunsten derer auch schon das Höchsttempo auf 160 km/h elektronisch begrenzt ist. Hier darf sich der Q4 40 e-Tron-Fahrer freuen. Weil die mittlere Motorisierung als Energiespeicher serienmäßig die größere 82-kWh-Batterie mit sich führt, von der sie netto allerdings nur knapp 77 kWh nutzen kann, soll nach WLTP-Messung erst nach 520 Kilometern der Saft ausgehen. Die Sportback-Version soll aufgrund der besseren Aerodynamik sogar noch 14 Kilometer weiter kommen. Das Basismodell 35 e-Tron hingegen mit dem 55 kWh-Akku (52 kWh netto) macht schon nach 341 bzw. 349 (Sportback) Kilometern schlapp, das Allrad-Topmodell 50 e-Tron quattro mit der großen Batterie bringt es auch nur auf 488 bzw. 497 Kilometer.
So weit ging unsere erste Ausfahrt zwar nicht, doch zeigte der Bordcomputer nach 97 Kilometern etwas mehr als 20 kWh Verbrauch an, was knapp über der angegebenen Höchstgrenze von 19,6 kWh liegt. Dabei ging es überwiegend über Stadt- und Landstraßen mit kurzen Full-Speed-Etappen auf der Autobahn. Motorsteuerung und Fahrwerk wirkten dabei fein justiert, egal ob im Komfort- oder Dynamikfahrmodus, das SUV zeigt keine Zicken und überzeugt mit seinem kontrollierten Handling. Was auffällt: Trotz des schweren Batteriepacks im Fahrzeugboden poltert das SUV auch auf schlechtem Untergrund nicht, wie man das von Elektroautos kennt. Aber dafür auch, das es dank des niedrigen Schwerpunkts jederzeit extrem gut auf dem Asphalt und vor allem in engen Kurven liegt. Die Lenkung könnte dabei allerdings etwas mehr Rückmeldung geben, regelt bei normaler Fahrt aber sehr präzise auf den Punkt. Beeindruckend ist die Rangierfähigkeit des SUV. Mit einem Wendekreis von gerade mal 10,2 Metern, dreht die massige Fuhre auf der Straße wie ein Kleinwagen in einem Zug.
Am Ende wird’s doch noch mal teuer. Den Marktstart im Juni flankiert Audi mit zwei Sondermodellen. Die elegante Edition One in Geysirblau adaptiert das Design des Showcars Q4 e-tron concept, die Edition One in Taifungrau zeigt dagegen ausgeprägt sportliche Akzente. Die Editionsmodelle liegen ab 9490 Euro über den regulären Modellen – womit die Förderprämie wieder perdu wäre. Leider zu früh gefreut.
Fotos: Auto-Medienportal.Net/Frank Wald