
Porzellane  des 18. Jahrhunderts der weltberühmten Porzellanmanufaktur Meissen sind  vielen bekannt. Auch mit Meissener Porzellanerzeugnissen aus der ersten  Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Porzellanliebhaber vertraut, da sie  bereits in Ausstellungen zu sehen waren. 
Meissener  Porzellanobjekte aus der Zeit der DDR und der Zeit nach der Wende  erfahren jedoch erst seit kurzem mehr Aufmerksamkeit. Und so ist die  Sonderschau „UNIKATE erzählen. Künstlerisches Meissen 1970 – 2010“ eine  der ersten Sonder-ausstellungen mit Porzellanobjekten aus diesen beiden  Epochen. Sie sind Teil einer großen Sammlung Meissener Porzellane, die  dem Porzellanikon von einem Hamburger Sammlerehepaar überlassen wurde.  Vom 7. Mai 2022 bis zum 8. Januar 2023 werden rund 200 unikative  Porzellanobjekte auf einer Ausstellungsfläche von 300 Quadratmetern im  Porzellanikon Hohenberg a.d. Eger zu sehen sein. 
Die Sonderschau  beleuchtet ein spannendes Kapitel der Geschichte der Meissener  Manufaktur und holt bisher Unbekanntes über das „Kollektiv Künstlerische  Entwicklung“ ans Tageslicht. Dies war eine manufakturinterne Abteilung,  in der jungen Porzellankünstlern die Aufgabe gestellt wurde, die  Produktpalette weiterzuentwickeln, damit die Manufaktur an die Erfolge  des Meissener Barocks anknüpfen konnte. Diese Vorgabe war an den Wunsch  der politischen Führung der DDR nach einer Einnahmequelle für Devisen  geknüpft. Obwohl die Künstlergruppe die Freiheit hatte, zu  experimentieren und schöpferisch tätig zu werden, stand sie stets unter  Druck. Denn Meissener Porzellan war für die DDR wertvolles Exportgut und  wichtiger Devisenbringer. Die Abnehmer ihrer Objekte waren  hauptsächlich im Westen.
Die Unikatkunst leitete für die  Meissener Manufaktur eine neue Ära ein, in der bis zur Auflösung der  Abteilung im Jahr 2010 eine Vielzahl an Unikaten entstanden, die sehr  verschieden waren. Die Gestalterinnen und Gestalter testeten immer  wieder die Grenzen des Werkstoffs aus und fanden neue Möglichkeiten der  Porzellangestaltung, die Meissen zuvor noch nie gesehen hatte. Anhand  von 200 sehr unterschiedlichen Einzelstücken, die seit den späten  1970er-Jahren entstanden sind, wird die Geschichte der künstlerischen  Entwicklungsabteilung nacherzählt, in der insgesamt zwölf Künstler tätig  waren, die zwei Künstlergenerationen angehörten. In der  Sonderausstellung wird der Frage nachgegangen, woher die Künstler ihre  Ideen nahmen und welche Geschichten hinter den Objekten stecken.
Die  Unikate stammen von Ludwig Zepner, Heinz Werner, Peter Strang, Rudi  Stolle, Volk-mar Bretschneider, Jörg Danielczyk, Sabine Wachs, Silvia  Klöde, Gudrun Gaube, Olaf Fieber, Andreas Ehret und Andreas Herten. Sie  beeindrucken durch ihre thematische und gestalterische Vielseitigkeit.  Dabei fand jeder eine unverkennbare Handschrift und bewies auf seine  Weise, was mit Porzellan technisch alles möglich ist. Die  Inspirationsquellen der einzelnen Künstlerinnen und Künstler waren  ebenfalls vielfältig. Sie griffen während ihrer Zeit in der  „Künstlerischen Entwicklung“ traditionelle Themen aus der Natur, der  Mythologie oder auch der Commedia dell‘arte auf. Sie ließen sich aber  auch von ihrem alltäglichen Umfeld oder Reisen in ferne Länder  inspirieren, die sie sogar im nicht sozialistischen Ausland besuchen  durften. 
Der bekannte Plastiker Peter Strang interpretierte z.B.  Motive, wie das der „Europa auf dem Stier“ neu, die Meissen schon im  18. Jahrhundert im Repertoire hatte. Der Porzellankünstler, der eines  von drei Gründungsmitgliedern der Abteilung war, setzte bei seinen  Figuren auf kräftige Farben und gewagte Formgebung. Impressionen aus der  Natur spielten im Werk von Volkmar Bretschneider eine wichtige Rolle.  Bei den Dekoren „Meeresboden“ ließ er sich von seinen Reisen nach  Florida inspirieren, die er Anfang der 80er-Jahre unternahm. Heinz  Werner entwarf während seiner Schaffenszeit in Meissen viele Dekore für  Serviceformen. Einige der Motive, wie beispielsweise das der Orchidee,  finden sich auch in seiner Unikatkunst wider. Ludwig Zepner  experimentierte mit Kristallglasuren, da ihn die gestalterische Vielfalt  der unberechenbaren Ausbildung der Kristalle reizte. Rudi Stolle,  ausgebildeter Lithograph und Porzellanmaler, vereinte diese beiden  Professionen in graphischen Dekoren auf Bildplatten oder auf  Gefäßformen.
Auch die jüngeren Gestalterinnen und Gestalter, die  ab den 1980er-Jahren nachrückten, um die Abteilung zu verstärken, fanden  ihren ganz eigenen Stil. Jörg Danielczyk besuchte im Auftrag der  Manufaktur Venedig, um beim traditionellen Karneval Eindrücke für seine  Figurenentwürfe zu sammeln. Andreas Ehret vertritt einen sehr  minimalistischen Stil, indem er dem Weiß des Porzellans zwar viel Platz  einräumt, auf der anderen Seite sich traute, das Porzellan mit Eisenoxid  zu kombinieren, das sich ins Porzellan einbrannte und seine Spuren  hinterließ. Die häufig sehr heiter wirkenden Entwürfe von Olaf Fieber  stehen oft im Gegensatz zu ihrer tieferen Bedeutung. So setzt sich seine  farbenfrohe Interpretation des Kinderbuchklassikers „Krieg der Knöpfe“  mit Themen wie Feindschaft auseinander.
Die erste Frau in der  Abteilung „Neue Künstlerische Entwicklung“ war Silvia Klöde. Anre-gungen  für ihre Entwürfe fand sie mitunter im Stadtbild. Der  Pusteblumenbrunnen in Dresden gilt als Inspiration für ihre Plastik  „Baum I“. Die Porzellandesignerin Sabine Wachs ist sehr naturverbunden.  Da sie auf einem Bauernhof zuhause ist, verarbeitet sie in ihrem Werk  immer wieder die heimische Flora und Fauna. Die Designerin Gudrun Gaube,  die 1990 zuletzt zur Gruppe stieß, setzt sich in ihren Dekorentwürfen  ebenfalls gerne mit der Natur auseinander. Aber auch die Kraft und die  Gewalt der Natur waren eine Inspirationsquelle für sie. Ein Objekt steht  im Zusammenhang mit den Folgen des Jahrhunderthochwassers 2002, das den  Prager Zoo gefährdet hatte. Andreas Herten ist noch heute in der  Manufaktur als Dekormaler angestellt. Während seiner Zeit in der  künstlerischen Entwicklungsabteilung nutzte er für seine Unikate häufig  die Airbrush-Technik. Diese fand in Meissen bereits im 19. Jahrhundert  Anwendung.
Die Ausstellung „UNIKATE erzählen. Künstlerisches  Meissen 1970 – 2010“ möchte auf die gestalterische und thematische  Vielfalt des Porzellans aufmerksam machen und zeigen, welche spannenden,  ungewöhnlichen und auch eigenwilligen Geschichten sich hinter den  einzelnen Werken verbergen. Neben den Künstlerinnen und Künstlern werden  auch andere Persönlichkeiten zu Wort kommen, die diese spannende Epoche  der Meissener Manufaktur mitgestaltet haben.
„UNIKATE erzählen. Künstlerisches Meissen 1970 – 2010“
Laufzeit: 7. Mai 2022 – 8. Januar 2023
Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan, Hohenberg a.d. Eger
Schirndinger Straße 48
95691 Hohenberg an der Eger
Tel.: +49 9233 7722-0
dpm@porzellanikon.org
„UNIKATE erzählen. Künstlerisches Meissen 1970 – 2010“
Sonderausstellung im Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan
Veröffentlicht am: 30.01.2022
Ausdrucken: Artikel drucken
Lesenzeichen: Lesezeichen speichern
Feedback: Mit uns Kontakt aufnehmen
Twitter: Folge uns auf Twitter
Facebook: Teile diesen Beitrag auf Facebook
Hoch: Hoch zum Seitenanfang





