Radfahren ist gesunde, kostengünstige Mobilität. Viele Menschen lernen es deshalb schon in jungen Jahren – aber einige auch nicht.
Obwohl statistisch gesehen fast jeder Mensch in Deutschland ein Rad besitzt, gibt es viele Menschen, die nie gelernt haben, Rad zu fahren. Und was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr? Mitnichten. Der pressedienst-fahrrad gibt ein paar Tipps, damit es mit dem „Aufsatteln“ auch im Alter klappt.
1) Ein geeignetes Fahrrad nutzen
Der wichtigste Begleiter beim Lernprozess ist natürlich das passende Fahrrad. „Für Erwachsene, die zum ersten Mal auf ein Fahrrad steigen, empfehlen wir einen Rahmen mit tiefem Einstieg. Diese Rahmenform erleichtert das Auf- und Absteigen. Gerade beim Radfahrenlernen ist das ein wichtiger Punkt“, sagt Birgit Greif vom Fahrradhersteller Winora. Räder mit breiteren Reifen versprechen mehr Komfort und Stabilität – ein nicht zu unterschätzender Faktor auf den ersten Fahrten. Auch wenn E‑Bikes zurzeit sehr gefragt sind: Zum Radfahrenlernen eignen sie sich nicht. Das höhere Gewicht ist für Einsteiger:innen auf den ersten Touren und bei den Übungen hinderlich. Zusätzlich können die diversen Funktionen rund um den Motor überfordern. Wer sich ein E‑Bike gekauft hat, sollte sich zum Erlernen der Grundkenntnisse ein Rad ohne Motor und Akku ausleihen.
2) Helm und Handschuhe tragen
„Zwar besteht in Deutschland keine Helmpflicht beim Radfahren, doch ist es äußerst ratsam, nicht nur bei den ersten Versuchen einen Helm zu tragen“, sagt Torsten Mendel vom Helmhersteller Abus. Kleinere Stürze gehören bei den ersten Übungen dazu, deshalb sollte der Kopf gut geschützt sein. Außerdem zu empfehlen: Fahrradhandschuhe. Fällt man mal hin, kann man sich in vielen Fällen mit den Händen auf dem Asphalt abstützen. Die Handschuhe schützen vor Schürfwunden und Schrammen.
3) Zusammen übt es sich leichter
Am besten übt es sich in der Gruppe. In vielen Städten bieten Ortsverbände des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Wochenendkurse für Fahrrad-Einsteiger:innen an. Dabei wird in einem verkehrsberuhigten Bereich, zum Beispiel auf einem Parkplatz, mit verschiedenen Übungen und Aufgaben der erste Kontakt zum Fahrrad trainiert. Wer sich dem Abenteuer Fahrrad ungern unter vielen Augen stellen möchte, sollte sich trotzdem unbedingt Hilfe von einer erfahrenen Radfahrenden suchen und nicht einfach eigenmächtig in den Sattel springen. „Radfahrenlernen sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wichtig ist, einen gesunden Respekt gegenüber dem Radfahren zu haben. Wobei zu viel Angst auch ein falscher Begleiter ist. Hier gilt es, sich in Gesprächen mit anderen die Ängste nehmen zu lassen“, sagt Stephanie Römer vom Fahrradhersteller Tout Terrain.
4) Wer Radfahren übt, der schiebt
Einen absoluten Radfahrneuling auf das Rad zu setzen, anzuschieben, am Gepäckträger stützend festzuhalten und dann irgendwann loszulassen, ist zwar lieb gemeint, aber ein falscher Ansatz. „Zuerst gilt es, Vertrauen zum Rad aufzubauen. Man brauch Zeit, sich erst mal alles richtig anzusehen, anzufassen und die einzelnen Komponenten zu bedienen“, rät Jacob von Hacht vom Fahrradhersteller Stevens. Anfänger:innen sollten das Rad zuerst einmal schieben – und zwar auf einem Übungsplatz. Beim einhändigen Schieben am Sattel oder beim Schieben im Slalom merken sie, wie sich das Rad verhält. Kombiniert mit ein paar Gleichgewichtsübungen bekommt man gleich ein besseres Gefühl fürs Radfahren.
5) Bremsen üben
Bevor es zum ersten Mal in den Sattel geht, ist ein Gefühl für die Bremse wichtig. Wer das Fahrrad sicher zum Stehen bringt, hat weniger Angst. Dabei ist es ratsam, ein Rad mit zwei Handbremsen zu nehmen und wenn möglich auf einen Rücktritt zu verzichten. Handbremsen lassen sich besser dosieren und sind mittlerweile an allen Rädern Standard. Bereits beim Schieben können auch Übungen zum Bremsen mit eingebaut werden. Durch Ziehen der beiden Bremshebel lernt man die unterschiedliche Bremsleistung an Vorder- und Hinterrad besser zu verstehen.
6) Erst mal unten ohne
Kinder lernen das Radfahren recht schnell, weil sie durchs Laufradfahren bereits Vorerfahrungen gesammelt und das Balancieren verinnerlicht haben. Ähnlich gilt es auch bei Erwachsenen vorzugehen: Man stelle den Sattel möglichst tief ein und schraube die Pedale ab – so ähnelt das Fahrrad einer Laufmaschine, wie sie vor über 200 Jahren als Vorläuferin des Fahrrads erfunden wurde. Übungsvarianten wie das Abstoßen mit einem Bein oder das Kurvenfahren erhöhen den Lernfaktor und machen Spaß. Mit der Zeit gilt es dann, die Geschwindigkeit zu steigern.
7) Erste Tritte machen
Wenn man etwas Vertrauen zum Rad hat, fehlt der letzte Schritt: das Anfahren! Im Sattel sitzend wird nun in die Pedale getreten. Zum Anfahren stellt man den Fuß auf das oben stehende Pedal (Position auf ca. 11 Uhr) und mit dem Standbein stößt man sich vom Boden ab. Die Beschleunigung sorgt dann dafür, dass man besser die Balance halten kann. Diesen Vorgang wiederholt man nun öfter. Zwar ist es individuell verschieden, welches Pedal als das passende zum Anfahren erachtet wird, aber im Idealfall steht der linke Fuß auf dem Pedal und mit dem rechten Fuß stößt man sich vom Boden ab. Der Grund: Beim Anfahren auf der Fahrbahn ist die Körperseite dann geschützt vor dem Verkehr.
8) Trainieren und in Geduld üben
Man sollte als Lernende:r bzw. Lehrende:r nicht davon ausgehen, dass gleich alles auf Anhieb passt und man schon nach den ersten Runden das Fahrrad fehlerfrei beherrscht. Radfahrenlernen ist ein längerer Prozess, der viel Übung braucht. Kurven fahren, abbiegen, Engstellen passieren oder auf Überraschungen reagieren sind Situationen, die es zu trainieren gilt. Deshalb Zeit lassen und die ein oder andere Übungseinheit mehr absolvieren.
9) Langsam an den Verkehr herantasten
Im nächsten Schritt verlässt man den Schonraum und wagt sich in den Verkehr. Allerdings gilt auch hier: langsam herantasten! Unvorhersehbare Situationen können zu Unsicherheit führen. Darum hilft es, die ersten Fahrten in Tempo-30-Zonen und auf getrennten Radwegen zu machen.
Achtung: Anders als Kleinkinder dürfen erwachsene Fahrrad-Anfänger:innen nicht den Gehweg nutzen!
10) Alternativen suchen und ausprobieren
Menschen mit Gleichgewichts- und Rückenproblemen können mit Aufrechtfahrrädern Probleme bekommen. Sie sollten sich deshalb überlegen, ob ein sportliches Trike oder ein Sesseldreirad für sie die bessere Alternative wäre. „Die Räder sind äußerst kippstabil. Damit sind sie gerade beim langsamen Anfahren für Neueinsteiger:innen bestens geeignet. Das Erlernen geht superleicht: einfach reinsetzen und losfahren! Und auch im Alltag fallen manche Sachen leichter, beispielsweise das Handzeichengeben“, sagt Alexander Kraft vom Hersteller HP Velotechnik.
Quelle: www.pd-f.de / Luka Gorjup