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TAPETENWECHSEL. KÜNSTLERTAPETEN AUS DER SAMMLUNG GOETZ

... im Neues Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design Nürnberg



Ein spannendes Wechselspiel zwischen Interieur und Exterieur bietet das Kooperationsprojekt der Sammlung Goetz mit dem Neuen Museum Nürnberg. In den sechs Fassadenräumen des Gebäudes präsentieren die beiden Institutionen Künstlertapeten aus den Beständen der Sammlung Goetz. Sie entstanden zumeist im Zusammenhang mit raumgreifenden Installationen und werden auf jede Räumlichkeit neu angepasst.

Die Gestaltung von Innenräumen mit Tapeten hat eine lange kulturgeschichtliche Tradition, die im Orient ihren Ausgang nahm. In Europa schmückten Adelige und reiche Bürger seit dem 14. Jahrhundert ihre Wände mit ornamentalen Stofftapeten aus Samtbrokat und Damast, sowie goldgeprägten Ledertapeten. Papiertapeten kamen im 16. Jahrhundert aus China. Sie wurden in Europa schnell populär, da sie einen raschen „Tapetenwechsel“ ermöglichten. Anfangs bestanden sie noch aus handgeschöpften Papierbögen, die aneinander geleimt und bedruckt wurden. Mit der Erfindung von seriell bedruckten Papiertapeten im 18. Jahrhundert wurde diese Form der Wandgestaltungaber auch für ein breites Publikum erschwinglich.

Obwohl sich seitdem auch zahlreiche Künstler:innen vom Jugendstil, über das Bauhaus, der Pop Art bis hin zur Gegenwart der Gestaltung von Tapeten gewidmet haben, fand die Künstlertapete als eigenständiges Sujet bisher wenig Beachtung. Die Ausstellung Tapetenwechsel. Künstlertapeten aus der Sammlung Goetz bietet nun die Möglichkeit sechs unterschiedliche Entwürfe von Martin Boyce, Robert Gober, Rodney Graham, Andy Hope 1930, Abigail Lane und Sarah Lucas aus der Zeit von 1989-2009 aus unerwarteter Perspektive zu erleben. Durch die architektonische Besonderheit des Neuen Museums gewährt sie die vergleichende Betrachtung der künstlerischen Positionen von außen durch die gläserne Fassade.

Präsentierte Künstler:innen und Werke

Die britische Künstlerin Sarah Lucas experimentiert mit der Umkehrung von Rollenzuschreibungen und hinterfragt so Machtstrukturen und Geschlechterverhältnisse. Für ihre Objekte, Installationen und Fotografien verwendet sie alltägliche Dinge, die sie durch ihre Inszenierung sexuell auflädt. Zigaretten sind ein wiederkehrendes Motiv in ihrem Frühwerk. Sie dienen als Verweis auf einen unangepassten Lebensstil. Auf ihrer Tapete mit dem humorvollen Titel Tits in Space (2000) hat sie auf einen schwarzen Untergrund Kugeln aus Filterzigaretten gedruckt, die an weibliche Brüste erinnern. Das Muster ist im Zusammenhang mit einer Einzelausstellung in der Sadie Coles Gallery entstanden. Lucas hatte die Tapete als Hintergrund für die Präsentation von Objekten wie Stühle, Staubsauger oder Gartenzwerge genommen, die mit einer Schicht Filterzigaretten überzogen waren.

Weitaus provokanter scheint das Muster der Tapete von Robert Gober zu sein. Der amerikanische Künstler kombinierte das Motiv eines gehängten Schwarzen mit einem schlafenden weißen Mann. Gober hatte die Tapete Hanging Man / Sleeping Man (1989) als Hintergrund für eine Ausstellung in der Paula Cooper Gallery in New York entworfen und anschließend für eine Doppel-Ausstellung mit Sherrie Levine im Hirshhorn Museum verwendet. Das Motiv des Gehängten stammt aus einem politischen Cartoon einer Bildersammlung der New Yorker Public Library, der Schlafende aus der Anzeige einer Sonntagszeitung für Bloomingdales. Mit dieser nicht weiter kommentierten Gegenüberstellung rührte Gober an tiefsitzende Traumata der amerikanischen Gesellschaft. Einige der Mitarbeiter afrikanisch-amerikanischer Herkunft im Hirshhorn Museum empfanden die Darstellung als rassistisch und verletzend. Es kam zu einer Diskussion über den Kontext der Präsentation von Bildern, über Rassismus im kulturellen Bereich und Möglichkeiten mit diesem Teil der amerikanischen Geschichte umzugehen.

Eine herabwürdigende Szene aus einem illustrierten Kinderbuch aus dem 19. Jahrhundert greift der kanadische Künstler Rodney Graham für seine Tapete City Self / Country Self (2001) auf. Sie zeigt einen elegant gekleideten Dandy, der einem Mann aus der Provinz voller Verachtung in den Hintern tritt, sodass dieser seinen Hut verliert. Graham hat die Illustration zu einem Kurzfilm in der Art einer Slapstickkomödie angeregt, in der er sogar beide Rollen selbst spielt. Obwohl die Geschichte mit vielen anekdotischen Details erzählt wird, bleibt es im Unklaren, warum es zu dem Angriff kommt. Graham hat City Self / Country Self als Loop angelegt, wie viele seiner Filme. Gefangen in einer Endlosschleife wiederholt sich die Szene ebenso, wie der Siebdruck der Kinderbuchillustration im Tapetenmuster.

Den direkten Bezug zum menschlichen Körper zeigt die Tapete Bottom Wallpaper (1994) von Abigail Lane. Sie besteht aus einer Reihe von Abdrücken eines Gesäßes, die von einem riesigen Stempelkissen direkt auf das Papier übertragen wurden. Lane arbeitete für diese 1992-1997 entstandene Serie zumeist mit weiblichen Modellen zusammen. Erstmals ausgestellt waren sie 1992 in der Galerie Karsten Schubert in London. In späteren Ausstellungen wurden die Tapeten häufig auch in Zusammenhang mit Stühlen gezeigt, in deren Sitzfläche Farbkissen integriert waren und die somit auf den Entstehungsprozess verweisen. Abigail Lane gehört ebenso wie Sarah Lucas zu den Young British Artists, einer lockeren Gruppierung, welche die Kunstszene in London in den 1990er-Jahren prägte.

Die Tapete von Andy Hope 1930 ist in enger Verbindung zu seiner Einzelausstellung 2009 in der Sammlung Goetz entstanden. Auf ihr sind 27 der Gemälde abgebildet, die sich zu diesem Zeitpunkt im Sammlungsbestand befanden. In der Ausstellung diente sie als Hintergrund für die Hängung genau dieser Bilder. Der Effekt war verblüffend, da sich dadurch eine neue Raumerfahrung eröffnete. Infinity Crisis nannte Hofer seine bildgewaltige Installation. Mit dem Titel bezieht er sich auf das gleichnamige Bild, das er in Anspielung auf die Comic-Serie Crisis on Infinite Earths gemalt hatte. Darin geht es um ein Multiversum, in dem unterschiedliche Versionen von Planeten, ihren Bewohnern und den Superhelden existieren. Der deutsche Künstler Andy Hope 1930 (alias Andreas Hofer) hat sich in seinem Werk von Comicfiguren und Science-Fiction Geschichten inspirieren lassen. Er begeistert sich für Zeitreisen, fantastische Wesen, apokalyptische Visionen und hoffnungsvolle Utopien, in denen sich unterschiedliche gesellschaftliche Weltvorstellungen spiegeln.

Minimalistisch wirkt hingegen die Tapete When Now is Night (1999) von Martin Boyce. Sie besteht aus einem gleichmäßigen Raster aus weißen, diagonalen und vertikalen Linien, das sich wie ein Gitter über den dunklen Untergrund legt. Dahinter befindet sich eine weitere Ebene, in der ineinander verschachtelte, geometrische Formen eine neue räumliche Dimension bilden. Der schottische Künstler bezieht sich in seinem Entwurf auf die Eröffnungssequenz des Alfred Hitchcock Films Der unsichtbare Dritte (North by Northwest, 1959), die der Grafikdesigner Saul Bass gestaltet hatte. Darin sieht man ein Liniengeflecht auf grünem Hintergrund, dass sich zunächst zu einem Raster verdichtet und sich im weiteren Verlauf in eine sich spiegelnde Hochhausfassade verwandelt. Durch diese Verbindung wird Boyce‘ Tapete zu einem Sinnbild für die Allgegenwärtigkeit von geometrischen Formen in der modernen Welt. Das skulpturale und installative Werk von Martin Boyce ist von zahlreichen Referenzen geprägt. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit der Architektur, dem Design und der Kunst der Moderne. Boyce löst die Formen aus ihrem Kontext und stellt sie in einen neuen Zusammenhang.

Neues Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design Nürnberg

Telefon: 0911 240 20 69
Fax: 0911 240 20 29
E-Mail: info@nmn.de

Bild: Rodney Graham. O.T. 2023.

 


Veröffentlicht am: 19.02.2024

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