Das  Rennen um den besten „Kraftstoff“ für den Transport von Waren und  Menschen ist offener denn je – und wahrscheinlich wird es mehr als einen  Sieger geben. Auf der  IAA Transportation, der Leitmesse für  Nutzfahrzeuge aller Art, wurden zahlreich kleine und große Laster mit  klimaneutralem Antrieb vorgestellt – vom batterieelektrischen 40-Tonner  bis zum Pick-up mit Wasserstoff-Brennstoffzelle.
Jahrzehnte war  der Diesel das Mittel der Wahl beim Antrieb von Nutzfahrzeugen. Doch das  ist vorbei: „Künftig wird es die eine Lösung für alle Transportfragen  nicht mehr geben“, sagt Mahle-Chef Arnd Franz. Sein Unternehmen fährt  deshalb mehrgleisig, vom Elektroantrieb über die Brennstoffzelle bis zum  Wasserstoff-Verbrenner reichen die Lösungsvorschläge der Stuttgarter.
Andere  Unternehmen sehen es ähnlich: Toyota Professional präsentiert den  Proace Max, einen Transporter der 3,5-Tonnen-Klasse, den es  batterieelektrisch und als Verbrenner gibt. Den Hilux gibt es ab sofort  mit einem 48-Volt-Hybridantrieb, um den Verbrauch zu senken. Einen  Schritt in die Zukunft unternimmt Toyota mit einem  Brennstoffzellen-Antrieb im beliebten Pick-up und zeigt an dem Beispiel,  wie seine Brennstoffzellen-Technik in leichte Nutzfahrzeuge eingebaut  werden können. „Wir sind der festen Überzeugung, dass sich diese  Technologie hervorragend für den Einsatz in leichten Nutzfahrzeugen  eignet“, sagt Shinichi Yasui, Entwicklungsleiter für Brennstoffzellen  beim größten Autohersteller der Welt.
MAN, eigentlich ein  Verfechter des E-Antriebs, nutzt ebenfalls Wasserstoff als  Energieträger. Doch im neuen Modell hTGX wird das leichte Gas nicht in  einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt, sondern in einem  herkömmlichen Kolbenmotor verbrannt: Als erster Lkw-Hersteller in Europa  baut MAN ab 2025 eine Kleinserie von 200 Fahrzeugen mit  Wasserstoffverbrennern. Verkauft werden sie an Kunden unter anderem in  Deutschland, den Niederlanden, Norwegen und Island. Der MAN h-TGX wurde  auf der IAA Transportation mit dem „Truck Innovation Award 2025”  ausgezeichnet. Das Unternehmen sieht Vorteile beim Transport schwerer  Güter oder in Gebieten ohne ausreichende Ladeinfrastruktur.
In  der EU werden nun Lkw mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren auch als  „Zero-Emission-Vehicles“ klassifiziert. „Das heißt, dass solche  Fahrzeuge voll auf unsere CO2-Flottenziele einzahlen, was unter anderem  auch die Tür für diese die Batterieelektrik ergänzende Kleinserie  öffnet“, sagt Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei  MAN. In Europa sollen bis 2030 rund 100.000 Wasserstoff-Lkw unterwegs  sein, schätzt der Verband der Automobilindustrie, und dann 1500  Wasserstofftankstellen mit dem sauberen Kraftstoff versorgen.
Die  EU hatte sich lange geweigert, den Wasserstoff-Verbrenner als  emissionsfreien Antrieb einzustufen, weil neben Wasserdampf im Abgas  auch Stickoxide entstehen. Doch die Emissionen lassen sich durch  Abgasnachbehandlung bis an die Nachweisgrenze reduzieren. Auch Daimler  Truck, weltweit größter Lkw-Hersteller, arbeitet am  Wasserstoff-Verbrenner und an der Brennstoffzelle. Erste Fahrzeuge  wurden bereits an Kunden ausgeliefert.
Auch Bosch setzt auf  Antriebsvielfalt und Technologieoffenheit. Das Unternehmen geht davon  aus, dass 2035 schon gut jeder dritte Lkw weltweit mit einer Batterie an  Bord bewegt wird und jeder zehnte mit einer Brennstoffzelle. Hinzu  kommen Fahrzeug mit Wasserstoffmotor. „Die Antriebswende der  Nutzfahrzeuge wird nur mit Technologieoffenheit gelingen“, sagt  Bosch-Geschäftsführer Markus Heyn, „Wir brauchen deshalb in Deutschland  und Europa einen konsequenten und schnelleren Ausbau von E-Ladestationen  und Wasserstofftankstellen.“
Wie Mahle bieten auch Bosch und ZF  Friedrichshafen Komponenten für alle Antriebsarten an: ZF sorgt mit  einem neuartigen Gebläse dafür, dass Luft und Wasserstoff in der  Brennstoffzelle noch effizienter elektrische Energie erzeugen können.  Mahle filtert und befeuchtet die Luft, damit die Brennstoffelle immer im  optimalen Wirkungsbereich liegt.
Die chinesischen Hersteller  setzen hingegen in Europa auf Batteriefahrzeuge oder Verbrenner: Maxus,  eine Marke des SAIC-Konzerns, hat in Hannover den e-Terron 9  vorgestellt, einen mittelgroßen Pick-up mit Allradantrieb und einer 102  Kilowattstunden großen Batterie. Als Käufer sieht Maxus neben  Transportunternehmen, Handwerkern und Landwirten auch Privatkunden, die  damit ihre Sportgeräte transportieren wollen. 620 Kilogram Nutzlast darf  der Maxus e-Terron 9 laden und 3500 Kilogramm an den Haken nehmen. Noch  in diesem Jahr wird der Verkauf in Deutschland starten. Der Preis steht  noch nicht fest. Weil der Pritschenwagen aber als Nutzfahrzeug  importiert wird, droht für den Maxus kein Zoll wie auf andere  Elektroautos aus China. Wie BYD bietet auch die SAIC-Marke parallel  Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor an.
Doch in Europa gelten vor  allem Elektrotransporter als der Wachstumsmarkt, weil zahlreiche  Großstädte die Zufahrt für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor erschweren  oder ganz verbieten wollen, wie Paris, Barcelona, London oder Amsterdam.  Hier sieht auch Kia eine Chance: Erstmals werden die Südkoreaner im  nächsten Jahr zwei E-Transporter auf den Markt bringen. Die Modelle PV5  und PV7 sollen in der Klasse von ein bis zu 3,5 Tonnen unterwegs sein.  Die Batterie lässt sich mit 150 Kilowatt aufladen. Kia überträgt damit  nicht nur seine Elektrokompetenz in die Transporterwelt. Die PV-Modelle  lassen sich zudem mit verschiedenen Aufbauten besonders flexibel  einsetzen.
Die Transportbranche dreht derzeit an allen  Stellschrauben, damit auch der Güterverkehr auf der Straße klimaneutral  wird. Rund ein Drittel der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs kommen von  Nutzfahrzeugen. Und während die Pkw-Nutzung ständig abnimmt, wird der  Lkw-Verkehr weiter wachsen – angetrieben auch vom Onlinehandel. (aum)
Foto: Autoren-Union Mobilität
Strom, Wasserstoff, Verbrenner – die neue Vielfalt
... zeigten sich auf der IAA Transportation
Veröffentlicht am: 22.09.2024
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