Zum  1. Juli 2021 tritt die EU-Verordnung 540/2014 in Kraft. Von da an  müssen alle neu zugelassenen Autos mit Elektroantrieb über ein Acoustic  Vehicle Alerting System (AVAS) verfügen. Bei Geschwindigkeiten unter 20  km/h und beim Rückwärtsfahren soll dann ein Geräusch dafür sorgen, das  Fußgänger nicht vom unhörbar daherrollenden E-Auto überrascht werden. 
Was  auf den ersten Blick eine sinnvolle Maßnahme zu sein scheint, erweist  sich bei näherer Betrachtung als einer der sinnlosen Gehorsamssprünge,  mit denen die Menschen auf die Verkehrswende vorbereitet werden sollen.
Am  Anfang der EU-Verordnung stand das Missverständnis, dass  batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge geräuschlos fahren. In den  90er-Jahren des letzen Jahrhunderts erlebten wir den ersten Geländewagen  mit Elektromotor. Der klang wie eine alte Straßenbahn. Seitdem haben  die Entwickler große Erfolge bei der Geräuschvermeidung und -dämmung  erreicht. Doch Geräusche produzieren sie noch immer, außen meist  unangenehmere als innen. Und die wenigsten arbeiten geräuschlos.
In  der Realität rollt in den Geschwindigkeitsbereichen vom Anrollen bis 20  km/h so mancher Diesel und Benziner leiser als ein E-Auto. Beim  Abbremsen etwa vor einem Zebrastreifen verhindert das heute übliche  Start-Stopp-System bei Verbrennern und Hybridantrieben jedes  Außengeräusch. Die brauchen aber kein AVAS, zumal die mit einer  automatischen Bremsfunktion gekoppelte Fußgänger- und  Radfahrererkennungen rasch durch die Wagenklassen nach unten wachsen.  Und den Rest der Unfallgefahren verhindern Querverkehrswarner und  Rückfahrkamera.
Bleibt noch das jüngste Ziel der Wohlmeinenden –  der Verkehrslärm. Der allerdings entsteht in der Regel oberhalb von 20  km/h durch Fahrwind und dem Abrollgeräusch zwischen Reifen und der  Straße, ganz unabhängig vom Antriebssystem, es sei denn, Fahrer oder  Fahrerinnen lassen es gern mal krachen.
Und doch: Auch diese  EU-Vorschrift hat ihre guten Seiten. Sie hat Sounddesignern und sogar  berühmten Filmkomponisten eine Aufgabe beschert, weil das Summen von  Elektronik und Antrieb auch bei großen PS-Zahlen und hohen  Geschwindigkeiten so gar keine Emotionen aufkommen lassen will. Und auch  wir Auto-Autoren entwickeln eine neue Art des Hörens. 
Foto: Auto-Medienportal.Net
Noch ein Gehorsamssprung
Glosse von Peter Schwerdtmann, Auto-Medienportal.Net
Veröffentlicht am: 13.06.2021
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