
Die  Schau, die von Melanie Ohst kuratiert wurde, zeigt Werke von mehreren  Generationen Usedomer Künstlerinnen und Künstler, insgesamt 24  verschiedene Positionen. Die ausgestellten Werke entstanden in einem  Zeitraum von knapp 100 Jahren von den frühen 1930er Jahren bis in die  unmittelbare Gegenwart. Die Basis der Ausstellung bildet die Sammlung  der Kunsthalle Rostock, hinzu kommen zahlreiche Werke als Leihgaben. Zu  sehen ist sie im Schaudepot der Kunsthalle Rostock.
Es ist die  erste Gruppenausstellung in der Geschichte des Hauses, die sich den  Künstlerinnen und Künstlern der Insel Usedom widmet, so Melanie Ohst in  ihrer Einführungsrede. Die Schau lade dazu ein, Verbindendes, aber auch  Polaritäten zwischen den einzelnen Werken nachzuspüren, aber auch die  jeweiligen Positionen individuell wahrzunehmen. Dabei geht die  Ausstellung chronologisch vor, Besucherinnen und Besucher können erst in  die Vergangenheit abtauchen oder sich von der Gegenwart rückwärts durch  die Zeit bewegen.
Den ersten Raum dominiert allerdings die Kunst  der Gegenwart. Zu sehen sind Bilder von Brigitte Meyer (geboren 1949)  und Reinhard Meyer (geboren 1951). Ihre Werke bewegen sich am Rande der  Abstraktion, aber das spezifische Usedomer Licht findet Eingang in ihre  Werke. Das Paar hat sich in Zinnowitz niedergelassen und betreibt dort  eine Galerie. Insbesondere Brigitte Meyer lässt sich von der Landschaft  Usedoms faszinieren und inspirieren, insbesondere von der „Freiheit, die  vom Meer ausgeht“. Reinhard Meyer verarbeitet unter anderem  biographische Ereignisse, etwa seine mehrmonatige Inhaftierung in der  Stasi-U-Haft in Rostock.
Ebenfalls im ersten Raum befinden sich  Arbeiten von Oskar Manigk (geboren 1934). Der 90-jährige Künstler ist  bekannt für seine expressionistisch-absurden und humorvollen Bilder, die  häufig maritime Motive zeigen. Die aktuellen Werke in der Ausstellung  sind allerdings von Selfies inspiriert, die Manigk mit Hilfe von  Schablonen als grell überzeichnete Hinterglasmalerei darstellt.  „Schablonen machen das Leben leichter“, sagt der Künstler  augenzwinkernd. Tatsächlich habe er „zurück zum Handwerk“ gewollt, denn  die Schablonen für seine Bilder stellt er selber her. Daneben  praktiziert Manigk allerdings weiterhin seine klassische freie Malerei.
Mit  Oskar Manigk besteht ein direkter Link in die Vergangenheit der  Usedomer Kunstszene. Sein Vater, der Maler Otto Manigk (1902-1972),  gehörte in den 1930er Jahren zu den ersten, die sich auf der Insel  niederließen. Vor ihm war Otto Niemeyer-Holstein (1896-1984) nach  Koserow gekommen. Mit „Lüttenort“ schuf er im Lauf der folgenden  Jahrzehnte einen Arbeits- und Begegnungsort, an dem sich Künstlerinnen  und Künstler aller Genres trafen und sich austauschten. Ebenfalls in den  1930ern kam Herbert Wegehaupt (1905-1959), der eng mit Otto Manigk  befreundet war – und dessen Schwester geheiratet hatte.
Der Umzug  nach Usedom bedeutete für die Künstler auch einen bewussten Rückzug in  einem Deutschland, das von den Nationalsozialisten umstrukturiert wurde.  Auf der Insel malten sie die Natur – menschenleer und wunderschöne  Natur. Politische Veränderungen und später der Krieg seien darin nicht  direkt vernehmbar, aber in ihrer Abwesenheit letztlich doch präsent, so  Torsten Prien, der Leiter des Kunstpavillons Heringsdorf, der sich seit  den 1970er Jahren insbesondere den Künstlerinnen und Künstlern der Insel  widmet. Gleichwohl holten die weltpolitischen Ereignisse auch die  Künstlerinnen und Künstler auf Usedom ein: Manigk und Wegehaupt wurden  in den deutschen Angriffskrieg eingezogen, Niemeyer-Holstein musste  einen Zwangsdienst absolvieren, die Malerin Karen Schacht (1900-1987),  die eng mit Manigk befreundet war, wurde zum Schaufeln von  Schützengräben herangezogen.
In einem Ausstellungsraum hängen die  Werke Karen Schachts denen von Otto Manigk gegenüber, so dass die  Besuchenden die Gemeinsamkeiten in Format, Motiven und Malstil erkennen  können. Tatsächlich waren beide gemeinsam auf der Insel unterwegs  gewesen und hatten sich von denselben Szenerien inspirieren lassen. Das  sei typisch für die Usedomer Kunstszene, so Melanie Ohst: Es habe  gemeinsame Motive gegeben, aber kein gemeinsames Programm. Die Arbeiten  Karen Schachts sind nicht in der Sammlung der Kunsthalle vertreten: Die  Künstlerin verließ 1953 die DDR. Melanie Ohst regte an, perspektivisch  auch Werke von Karen Schacht der Usedom-Sammlung der Kunsthalle Rostock  hinzuzufügen.
In der DDR-Zeit kamen weitere Künstlerinnen und  Künstler, die sich auf der Insel niederließen, darunter Susanne  Kandt-Horn (1914-1996), Manfred Kandt (1922-1992) oder Vera Kopetz  (1910-1998). Eine herausragende Position stellt auch Sabine Curio  (geboren 1950) dar. Die Künstlerin wurde auf der Insel geboren und lebt  heute in dem Ort Stolpe. Neben Werken aus der Sammlung sind von ihr  aktuelle Arbeiten zu sehen. Curios Bilder weisen eine Nähe zu den Werken  Otto Niemeyer-Holsteins auf. Auch in ihren teils impressionistisch  anmutenden Landschaften findet sich das typische Licht der Insel. Sie  fasziniert vor allem das „späte Licht“. Sabine Curio malt fast  ausschließlich unter freiem Himmel, im Winter dick eingepackt in eine  mongolische Felljacke. „Ich sitze dann draußen in der Stille und höre,  wo das Eis knackt im Haff und wenn der Schnee von den Zweigen fällt.“
Sabine  Curio studierte in Berlin und ging dann wieder nach Usedom. „Zurück zu  dem klaren Licht“. Gemeinsam mit anderen sitzt sie im Kuratorium des  Kunstpavillons Heringsdorf und sorgt mit für eine abwechslungsreiche  Ausstellungstätigkeit in der Galerie und dafür, dass die Kunstszene auf  der Insel präsent und in Bewegung bleibt.
Teil der Ausstellung  sind auch namhafte Künstlerinnen und Künstler, die als Gäste auf die  Insel kamen wie Joachim John (1933-2018) oder Wulff Sailer (1936-2024).  Zu den prominentesten Gästen gehörte wohl der Maler Walter Womacka  (1925-2010). Von ihm ist eine Variante seines berühmten Bildes „Am Meer“  zu sehen: wieder ein Paar am Strand, diesmal im Sand ausgestreckt und  nackt.
Thomas Prien: „In dieser Ausstellung ist das Licht Usedoms tatsächlich zu spüren.“
Eine  Besonderheit in der Ausstellung ist die „Mit-Mach-Station“ – an einer  Staffelei können Besucherinnen und Besucher ihren künstlerischen Ideen  freien Lauf lassen. Für Kinder liegt ein „Mit-Mach-Angebot“ zur  eigenständigen Erkundung der Ausstellung aus.
Vertretene  Künstlerinnen und Künstler: Sabine Curio, Susanne Kandt-Horn, Manfred  Kandt, Vera Kopetz, Volker Köpp, Rosa Kühn, Oskar Manigk, Otto Manigk,  Brigitte Meyer, Reinhard Meyer, Robert Meyer, Otto Niemeyer-Holstein,  Karen Schacht, Herbert Wegehaupt, Matthias, Wegehaupt, Rolf Werner sowie  Joachim John, Horst Leifer, Wilma Pietzke, Wulff Sailer, Ernst  Schroeder, Kurt Heinz Sieger, Klaus Rößler, Walter Womacka
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11–18 Uhr
Montag geschlossen
Kunsthalle Rostock
Hamburger Straße 40
18069 Rostock
Tel: 0381/440 40 510
www.kunsthallerostock.de
Bild: Otto Manigk, Arbeit und Erholung, Foto: Kunsthalle Rostock, VG BildKunst Bonn 2025
USEDOMDER LICHTER
... leuchten in der Kunsthalle Rostock
Veröffentlicht am: 14.04.2025
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