Noch eine konsequente Entscheidung: Volkswagen hat als einziger Massenhersteller den Trend im Markt so ernst genommen, dass heute das Flaggschiff der Personenwagen-Palette der Marke ein SUV ist, nicht etwa eine klassische Limousine.
Von der inzwischen dritten Generation verkaufte das Unternehmen in Summe rund eine Million Exemplare – Grund genug, den Erfolg mit dem Sondermodell „One Million“ zu veredeln und nicht mehr an den Phaeton zu denken, als dessen SUV-Version der Touareg 2002 gestartet war.
Vor 18 Jahren bot Volkswagen den Touareg mit Phaeton-Niveau in Technik und Ausstattung zu deutlich niedrigeren Preisen an als die Top-Limousine, um den Einstieg der neuen Fahrzeugklasse zu erleichtern. Heute wird das Einstiegsmodell mit V6-Diesel für 60.130 Euro angeboten, aufrüstbar mit einer langen Liste von Sonderausstattungen. Unser komplett ausgestatteter One Million für 81.635 Euro hat Volkswagen noch mit aufpreispflichtigem Weiß mit Perlmuttglanz, Luftfederfahrwerk und Vordersitzen mit Massagefunktion und aktiver Klimatisierung aufgepäppelt für insgesamt 85.835 Euro.
Er ist aber auch ein rechter Prachtkerl, wenn er so den Redaktionshof veredelt. Er zeigt mit jedem Quadratzentimeter, dass er sich der automobilen Oberklasse zugehörig fühlt, wenn auch mit der gebotenen Zurückhaltung. Schließlich ist Größe nicht alles. Mit seiner Gesamtlänge von 4,88 Metern hält er den Abstand zur Fünf-Meter-Marke, die seine deutschen Werber Audi Q7 um sieben Zentimeter und der BMW X7 sogar um 15 Zentimeter übertrifft. Aber der Touareg zielt auch weniger als die anderen auf den amerikanischen und chinesischen Markt. Seit dem Brexit markiert der Touareg mit dem V6-Diesel den kontinentaleuropäischen Gipfel der SUV-Idee.
Modern, aber konservativ gediegen geht es auch im Innenraum zu. Gestaltung, Materialien und Verarbeitung unterstreichen gleichzeitig die Wertigkeit und den Anspruch als Topmodell in dieser Preisklasse bis hin zu digitalem Cockpit und farbigem Head-up-Display. Bei den Assistenzsystemen und dem Infotainment fehlt es an nichts. Die Elektronik der dritten Generation verkörperte bei ihrer Präsentation 2018 die Spitze der Infotainment- und Assistenten-Technologien. Heute ist schon der Golf deutlich weiter. Mag sein, dass gerade die Touareg-Zielgruppe die Künstliche Intelligenz lieber den Golf-Käufern überlässt.
Klasse hat im SUV-Geschäft auch etwas mit Masse zu tun. Der Touareg wiegt leer mindestens 2070 kg, zählt also auch zu den Zweitonnern, liegt aber deutlich dichter an der Grenze als der Wettbewerb. Dafür darf er höchstens knapp 800 kg zuladen und 3500 kg ziehen. In den Kofferraum passen 810 Liter und maximal 1800 Liter. Er hat also auch handfeste Qualitäten, nicht nur auf glatten europäischen Straßen.
Auch die Einordnung als Geländewagen ändert allerdings nichts daran, dass der Touareg die Autobahn mehr schätzt als das derbe Gelände. Mit Luftfeder erhebt er sich deutlich über die Straße, auch mit der besonderen Einstellung fürs Gelände kann er deutlich mehr als schlechte Wegstrecken überwinden. Aber die Werte für Böschungs- und Rampenwinkel zeigen die Grenzen im Gelände, die er auf Asphalt vergessen lässt.
Die 280 PS aus dem Drei-Liter-Diesel mit sechs Zylindern in V-Anordnung verschaffen ihm eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 240 km/h. Mit 600 Newtonmetern maximalem Drehmoment schon ab wenig mehr als 2000 Umdrehungen pro Minute (U/min) wuchtet er sich in gut sechs Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das klingt nicht nach mehr als zwei Tonnen Gesamtgewicht, ebenso wenig wie die Verbrauchswerte.
Nach WLTP liegt der Kraftstoffverbrauch bei sehr schneller Fahrt bei 8,4 Litern auf 100 km. Im Schnitt ermittelte Volkswagen nach WLTP einen Verbrauch von 8,2 Litern, nach NEFZ von 6,6 Litern auf 100 km. Daraus ergibt sich für die Kohlendioxidemission ein Wert von 173 Gramm pro Kilometer, was den Touareg in die Effizienzklasse B einordnet. SCR-Abgastechnik schafft die Zulassung unter Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC, was in deutschen Großstädten bedeutet: Vor dem Auto ist die Luft in Sachen Schadstoffen schlechter als dahinter.
Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist der Vergleich mit den Daten des 340-PS-Benziners. Der schafft maximal 250 km/h und den Sprint in etwas weniger als sechs Sekunden. Nach WLTP braucht er im Schnitt 10,5 Liter auf 100 km, also 2,3 Liter mehr. Die CO2-Emissionen liegen bei 205 g/km, fast ein Fünftel über dem Diesel-Wert. Auch, wenn viele das heute nicht zur Kenntnis nehmen wollen: Dem Klima schadet der Diesel also deutlich weniger als der Benziner.
Wie er sich zeigt, so fährt er auch: ruhig, gelassen und mit überlegenen Reserven. Die Acht-Gang-Automatik arbeitet unspektakulär im Hintergrund, Luftfeder und die Möglichkeiten, das Fahrwerk auf die Situation einzustellen, führen schon nach kurzer Bekanntschaft beim Fahrer zu der Gewissheit, dass dieses Auto ihn nicht fordern, sondern eher verwöhnen wird.
In der Innenstadt ist der Wendekreis von mehr als zwölf Metern zwar hinderlich, aber Kameras und der Einpark-Assistent erleichtern des Leben auch in der Enge. Schließlich hat der Fahrer genug Raum um sich herum, dazu noch eine gute Übersicht und die Sicherheit der vielen Sensoren, die auch auf Fußgänger aufpassen. Teilautonomes Fahren entschädigt besonders bei langen Autobahnetappen für das Zirkeln in engen Innenstädten.
Wer es sich leisten kann oder will, lebt mit dieser Fahrzeugklasse bequem, solange er sich nicht daran stört, das Prachtstück auf den meisten Autobahnbaustellen wegen der Außenbreite von 2,19 Metern auf die rechte Spur zwischen die Lkw steuern zu müssen. Nichts ist perfekt.
Fotos: Auto-Medienportal.Net