Benannt nach dem altpersischen Gott des Lichts und seit Gründung für seine unkonventionellen Ideen und Konzepte bekannt, konnte selbst der Atombombenabwurf der Amerikaner auf Hiroshima den Aufstieg Mazdas zur zwischenzeitlich erfolgreichsten japanischen Automarke nicht stoppen. In diesem Jahr feiert sie ihren 100. Geburtstag
Viele Autobauer waren in ihren Anfängen gar keine. Opel etwa hatte mit der Produktion von Nähmaschinen und Fahrrädern begonnen, Peugeot stellte Pfeffer- und Kaffemühlen her, BMW Flugzeugmotoren, Mitsubishi Schiffe, Toyota und Suzuki Webstühle. Auch bei Mazda dachte vor genau 100 Jahren noch niemand an Autos. Kork war nach dem Ersten Weltkrieg gefragt und so gründete sich am 30. Januar 1920 in Hiroshima die Toyo Cork Kogyo Co. Ltd., um das damals wichtigste industrielle Dichtmittel herzustellen. Schon ein Jahr später war Kork wieder reichlich vorhanden, und der neue Firmen-Chef Jujiro Matsuda stellte die Produktion auf modernen Maschinenbau um.
Und bewies 1930 mit dem Prototypen eines motorisierten Lastendreirads (Foto oben)den richtigen Riecher. Als Mazda-Go wurde der dreirädrige Pick-up der erste Bestseller des Unternehmens. Zugleich war damit auch der Markenname in der Welt. Der erinnert nicht nur phonetisch an den Unternehmenspatriarchen, sondern vor allem an Ahura Mazda, den altpersischen Gott der Lichts und des Ursprungs der östlichen und westlichen Kulturen.
Gleich der erste Pkw wurde ein Verkaufsschlager
Das erste vierrädrige Gefährt zeigte Mazda schon zehn Jahre später, doch der Zweite Weltkrieg verhinderte eine Serienproduktion. Der Atombombenabwurf auf Hiroshima begrub zunächst alle weiteren Ambitionen. Doch noch im selben Jahr 1945 nahm Mazda die Produktion von Nutzfahrzeugen wieder auf. Der erste Pkw erschien dann erst 1960 mit dem Mazda R360 Coupé, das weniger als drei Meter kurz und nur 380 Kilogramm leicht, aus heutiger Sicht wie ein Spielmobil aus einem Comic anmutet. Doch der Viersitzer, der die Basis für ein komplettes Modellprogramm aus Limousinen, Kombis und Coupés stellte, wurde der Verkaufsschlager in Japan mit einer zeitweiligen Marktabdeckung von 65 Prozent.
Der nächste Meilenstein war die Zusammenarbeit mit der italienischen Designerschmiede Bertone, aus der schon 1963 der Mazda Familia hervorging, der zum Bestseller in der unteren Mittelklasse avancierte und in zweiter Generation als Mazda 1000 und 1300 auch in Deutschland angeboten wurde. Vor allem aber das 1966 präsentierte Mitteklassemodell Mazda Luce inklusive Coupé wurde mit italienisch geprägten Linien und markanten Doppelscheinwerfern zur Designikone.
Erfolgsstory Kreiskolbenmotor
Eine kleine Sensation war 1967 die Premiere des Cosmo Sport 110 S, ein für damalige Verhältnisse futuristisch gestyltes Sportcoupé. Es war das erste Serienfahrzeug mit Kreiskolbenmotor, den ursprünglich Felix Wankel für NSU entwickelt hatte. Schon 1961 hatte Tsuneji Matsuda, Sohn und Nachfolger des Mazda-Gründers, das Potenzial des neuartigen, kompakten und leichtgewichtigen Motors, bei dem ein dreieckig geformter Kolben in einem Gehäuse rotierte, erkannt und die Lizenz von den Schwaben erworben.
Es war der Beginn einer außergewöhnlichen Erfolgsstory, im Laufe dessen Mazda mehr als eine Million Fahrzeuge mit Kreiskolben-Motor verkaufte. Darunter ab 1973 auch in Deutschland Modelle wie den RX-3 und RX-4 oder den legendären Sportwagen RX-7 (ab 1978), der sich mit 471.018 verkauften Modellen als erfolgreichstes Auto mit Wankelmotor in die Geschichtsbücher eintrug. Die Zuverlässigkeit des außergewöhnlichen Aggregats mit dem turbinenartigen Lauf demonstrierte Mazda aber auch im Motorsport. Als erster japanischer Hersteller holte Mazda 1991 mit dem Typ 787B mit Vier-Scheiben-Kreiskolben-Motor den Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Das vorerst letzte Modell mit dem Rotary-Motor war das Sportcoupé RX-8 (ab 2003), das später als Hydrogen RE sogar mit Wasserstoff betrieben werden konnte.
Liebling deutscher Pannendienste
Der Motor hatte allerdings auch seine Tücken. Vor allem war er sehr spritdurstig, was erstmals in der Ölkrise Mitte der 70er-Jahre zu massiven Absatzeinbrüchen führte. Besonders umweltfreundlich war er natürlich auch nicht. Dennoch schwört Mazda bis heute auf die ungewöhnliche Motorentechnologie und will sie demnächst im MX-30, dem ersten Elektroauto der Japaner, sogar als reichweitenverlängernder Range Extender einsetzen.
Neben den technischen Besonderheiten waren Mazdas Modelle vor allem wegen ihrer Zuverlässigkeit beliebt. Ein wahrer Liebling deutscher Pannendienste war der Mazda 323, der erstmals 1977 auf der Frankfurter IAA vorgestellt, zu den meist verkauften japanischen Modellen sowie kompakten Importmodellen hierzulande wurde. Selbst die DDR sicherte sich in Japan ein Kontingent. Insgesamt wurde der veritable Golf-Gegner in sechs Generationen gebaut, darunter als 323F in fünftüriger Coupé-Form oder auch mit leistungsstarkem V6. Fortgesetzt wurde die Erfolgsstory 2003 durch den Mazda 3, der aktuell durch sein formvollendetes Design und den „Diesotto-Motor“ Skyactiv-X für Aufsehen sorgt.
Roadster-Renaissance durch MX-5
Einen weiteren Meilenstein, bis heute untrennbar mit Mazda verbunden, setzen die Japaner 1989 mit der Wiederbelebung des Roadster-Segments. Als die Gattung der offenen Zweisitzer schon ausgestorben schien, präsentierten die Japaner mit dem MX-5 einen leichtgewichtigen, offenen Sportwagen, der italienische Eleganz und britische Rasanz mit Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit kombinierte. Heute, vier Modellgenerationen und über eine Million produzierte Fahrzeuge später, ist Mazdas Markenikone der meistverkaufte Roadster aller Zeiten, der zugleich auch noch alle Nachahmer überlebt hat.
Parallel dazu überraschte Mazda immer wieder mit ungewöhnlichen Technologie- und Antriebskonzepten, mit denen sie nicht selten ihrer Zeit voraus waren. Der Bongo Sky Lounge etwa nutzte bereits 1983, zehn Jahre früher als andere, schon Solarmodule zur Versorgung der Klimaanlage. Auch die 1987 im Mazda 626 4WS eingeführte Vierradlenkung zur Verbesserung von Agilität und Sicherheit ließ die Fachwelt staunen. Und als noch niemand von Downsizing sprach, präsentierte Mazda schon 1991 im MX-3 mit dem 1,8-Liter-V6 den damals kleinsten Serien-Sechszylinder der Welt. Aktuell dreht sich bei Mazda alles um die Skyactiv-X-Motoren, hochverdichtete Benziner, die wie bei einem Diesel durch Kompressionszündung betrieben werden.
Bio-Sprit aus Mikroalgen
Auch in Zukunft will Mazda in Sachen Nachhaltigkeit seine eigenen technologischen Wege gehen. So sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2010 bis 2030 um 50 Prozent, bis 2050 um 90 Prozent gesenkt werden. Und zwar in einer ganzheitlichen „Well-to-Wheel“-Perspektive, die den kompletten Kraftstoffzyklus von der Quelle bis zum Einsatz auf der Straße umfasst. Deshalb startet beispielsweise Mazdas erstes Elektroauto MX-30 im September dieses Jahres auch mit einer vergleichsweise kleinen Batterie, die dem Kunden durch deren emissionsintensive Herstellung keinen CO2-Rucksack aufbürdet, den er im Vergleich zu einem herkömmlichen Verbrenner womöglich nie egalisieren kann. Für alle, die dennoch mehr Reichweite wollen, bereitet Mazda eine Version mit Range Extender vor, bei der ein gleichmäßig laufender Wankelmotor für entsprechend mehr Kilometer sorgen soll.
Die Reduktion von Emissionen steht auch im Fokus eines Forschungsprojekts, das Mazda zusammen mit der Hiroshima University und dem Tokyo Institute of Technology betreibt. Dabei geht es um die Entwicklung eines flüssigen Bio-Kraftstoff aus künstlich gezüchteten Mikroalgen. Da der Bioalgen-Kraftstoff bei der Verbrennung nur so viel CO2 freisetzt, wie zuvor beim Wachstum der Algen durch Fotosynthese der Atmosphäre entzogen wurde, fahren die Verbrenner damit quasi CO2-neutral.
Streng limitierte Sonderedition
Dass Mazda nun auch an Kraftstoffen forscht, kommt nicht von ungefähr. Denn über den Elektro-Crossover MX-30 hinaus arbeiten die Japaner auch weiter an neuen Verbrennern. Beschlossene Sache ist eine neue Fahrzeugplattform mit längs eingebauten Reihensechszylinder-Motoren für größere Modelle, die es sowohl als Benziner als auch als Diesel geben wird. Bei den Selbstzündern soll es sich um eine neue Generation von kräftigeren und sparsameren Skyactiv-D Dieselmotoren handeln. Die Benziner-Varianten werden auch mit dem Diesotto-Brennverfahren arbeiten. Die sogenannte „Large Plattform“ wird es auch in hybridisierter Form sowie in einer AWD-Konfiguration geben.
Zum Jubiläum rollt jedoch zunächst eine limitierte Sonderedition an den Start, die an die Farbgebung des allerersten Mazda-Pkw erinnert. Die Modelle der 100th Anniversary Special Edition übernehmen das zweifarbige Farbschema in Weiß und Burgunderrot, das das R360 Coupé bei seiner Markteinführung im Jahr 1960 zierte. Alle Sondermodelle sind damit ausschließlich in den Lackierungen Satinweiß Metallic oder im Falle des MX-30 in Mondsteinweiß Metallic zu haben. Im Innenraum sind Bodenteppiche, Fußmatten und Ledersitzbezüge in Burgunderrot gehaten. Der Mazda MX-5 und der Mazda MX-30 teilen sogar das burgunderrote Dach mit dem R360 Coupé. In Deutschland sind die Anniversary-Modelle auf 100 Stück begrenzt. Der Vorverkauf beginnt im Oktober, die Auslieferung je nach Modell, zwischen November 2020 und Februar 2021.
Fotos: Auto-Medienportal.Net/Mazda