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Klangwelten am Bodensee

Bregenzer Festspiele, 21. Juli - 22. August 2021

(von Joseph Scheppach & Ingrid Holzinger) Eine riesige bewegliche Hand, dazu ein riesiger Clownskopf mit Augen, die sich öffnen und schließen: Das Bühnenbild von Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“ auf der Bregenzer Seebühne ist ein überwältigender visueller Effekt.

Anziehungspunkt der Bregenzer Festspiele ist die weltweit größte Seebühne. Beim "Spiel auf dem See" wird alle zwei Jahre eine Oper mit aufwendigen szenischen Bauten neu inszeniert. Das Festival ist bekannt für die Schönheit der natürlichen Kulisse des Bodensees, überdimensionale Bühnenbilder, technische Kabinettstückchen und eine einzigartige Akustik, die durch die Technik des Bregenzer Richtungshörens erreicht wird.

Nach der Corona-Pause 2020 zeigen die Bregenzer Festspiele „Rigoletto“ ab dem 22. Juli an 28 Abenden, diesmal musikalisch geleitet von Julia Jones, die damit als erste dirigierende Frau auf der Seebühne in die Annalen der Veranstalter eingeht.

Einzigartige Kontraste zwischen Spektakel und  Kammerspiel


Verdis Oper war 2019 der Publikumsrenner der Bregenzer Festspiele. Jetzt wird das Spiel auf dem See wieder aufgenommen.

Der riesige Clownskopf, dessen friedliches Gesicht sich in einen lüsternen Frauenverächter und eine schreiende Fratze verwandeln kann, der leuchtende Fesselballon, aus dem Gilda nach ihrer Liebesarie »Caro nome« entführt wird, der skrupellose wie verführerische Herzog mit seinem Gefolge aus wagemutigen Akrobaten – spektakuläre Bilder von Philipp Stölzls Inszenierung gingen seit der Premiere rund um die Welt. Der Opern- und Film-Regisseur macht Giuseppe Verdis packende Musik sichtbar und stellt Rigoletto als mitreißendes Drama auf die Seebühne, das zirkushaftes Treiben und inniges Kammerspiel vereint.

Als Hofnarr amüsiert sich Rigoletto über das freizügige Leben seines Herzogs, den er bei dessen Eroberungen unterstützt. Sein Lachen über den erzürnten Monterone, der seine Tochter durch den Herzog entehrt sieht, bleibt ihm jedoch im Hals stecken, als dieser Rigoletto verflucht. Rigoletto wird ohne sein Wissen zum Mittäter bei der Entführung seiner Tochter Gilda, die er zu Hause eingesperrt hält. Er hat einen Mörder beauftragt, um den egoistischen Liebschaften des Herzogs ein Ende zu bereiten. Doch als Rigoletto die verhüllte Leiche ins Wasser werfen möchte, hört er erneut das zynische Credo »La donna è mobile« und bangt um das Leben seiner Tochter …

Der Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl wurde durch Musikvideos für Rammstein und Madonna bekannt und drehte Filme wie Nordwand, Der Medicus, Winnetou und zuletzt Die Schachnovelle, ab 2021 im Kino zu sehen. Als Opernregisseur wurde er bei den Salzburger Festspielen, am Theater an der Wien sowie an den Staatsopern in Berlin, Dresden und München gefeiert. Ein lang gehegter Traum ist für ihn mit der Inszenierung von Rigoletto auf der Seebühne in Erfüllung gegangen.

„... das fraglos größte Spektakel am See seit Jahren“

Den Auftakt der 75. Bregenzer Festspiele markiert zuvor (21. Juli) bereits die posthum 1924 uraufgeführte Oper „Nero“ von Arrigo Boito, inszeniert von Olivier Tambosi.
 
Damit kommt eine der berüchtigtsten historischen Figuren auf die Bühne des Festspielhauses: der römische Kaiser Nero. In Arrigo Boitos opulenter Oper tritt er als schillernde Gestalt auf. Die spektakuläre Selbstinszenierung seiner Macht steht in Kontrast zu den Gewissensplagen nach dem Mord an seiner Mutter. Als unterschiedliche Pole werden zusätzlich die düsteren Rituale des heidnischen Magiers Simon Mago und die verklärende Reinheit des aufkommenden Christentums dargestellt, wofür der Prophet Fanuèl steht. Ihn liebt die Vestalin Rubria, die sich selbst zwischen zwei Glaubensrichtungen sieht. Mithilfe der in Nero verliebten Asteria inszeniert Simon Mago die Erscheinung einer Göttin der Nacht, um den Kaiser gefügig zu machen. Nero entlarvt jedoch den Zauber und verkündet das Ende der Götter. Er stellt sich selbst auf den Altar und beginnt dort zu singen. Als Künstler, als göttlicher Poet lässt er sich feiern und entfacht ein großes Spektakel, auch als Rom bereits in Flammen aufgegangen ist.

Dieses Werk, mit dessen Vollendung Boito seit 1862 mehrere Jahrzehnte rang, entwickelte sich für ihn zur Lebensaufgabe. Erst nach seinem Tod wurde es unter der Leitung des Dirigenten Arturo Toscanini in eine spielbare Fassung gebracht und 1924 an der Mailänder Scala uraufgeführt. Boitos Libretti, unter anderem für Giuseppe Verdis Otello und Falstaff, zählen zu den herausragenden Schöpfungen der Operngeschichte. Als geistiger Kopf der künstlerischen Bewegung der Scapigliatura schrieb Boito auch das Textbuch zu Franco Faccios Oper Hamlet, die 2016 bei den Bregenzer Festspielen nach fast 150 Jahren zum ersten Mal wieder auf einer europäischen Bühne zu erleben war.

Orchesterkonzerte im Festspielhaus

Im Sommer 2021 feiern die Bregenzer Festspiele ihr 75. Jubiläum. Von Anfang an dabei waren die Wiener Symphoniker, die im Jubeljahr epochale Werke von Joseph Haydn und Richard Wagner präsentieren. Beide Festkonzerte leitet Andrés Orozco-Estrada, neuer Chefdirigent des Spitzenorchesters. Einen Blick auf das Gründungsjahr wirft der israelische Dirigent Omer Meir Wellber bei seinem Bregenzer Debüt, außerdem interpretiert er Anton Bruckners kühnste und keckste Symphonie.

Ebenfalls ein neuer Dirigent steht an der Spitze des Symphonieorchesters Vorarlberg. Leo McFall stellt sich bei den Bregenzer Festspielen mit dem jüngsten Orchesterwerk von Thomas Larcher vor, der 2019 den Großen Österreichischen Staatspreis erhielt.

Musik & Poesie

Erneut eröffnen Kammermusik und Literatur überraschende Blickwinkel auf die Vielfalt des Festspielprogramms. An drei Abenden lädt die beliebte Reihe Musik & Poesie ins Seestudio – wie immer auch unter Mitwirkung von Künstlerinnen und Künstlern anderer Programmreihen der kommenden Saison.

Familienoper Die Zeitreisemaschine


Für junge Festspiel-Fans bietet sich die Familienoper „Die Zeitreisemaschine“ an. Sie lässt Kinder von sechs bis zwölf Jahren zu Gioacchino Rossini nach Paris reisen.
Das Programm komplettieren Schauspiele im Vorarlberger Landestheater, weitere Konzerte, das KInder- und Jugendprogramm crossculture sowie vieles mehr.

Zum vollständigen Programm der Bregenzer Festspiele 2021 geht es hier.

Bregenzer Festspiele
21. Juli - 22. August 2021

Kontakt/Tickets/Vorverkauf 2021
Platz der Wiener Symphoniker 1
6900 Bregenz
+43 (5574) 4076
bregenzerfestspiele.com/de/karten/spielplan

Foto: © Bregenzer Festspiele / Anja Köhler

 


Veröffentlicht am: 16.06.2021

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