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London to Brighton Veteran Run

Für Sir George White eine Familienangelegenheit



(Hans-Robert Richarz, Autoren-Union Mobilität) Am 6. November gehen sie - wie seit 126 Jahren fast alljährlich - am Londoner Hyde Park auf Tour. Ziel ist das rund 97 Kilometer entfernte Seebad Brighton.

Am Start stehen Autos mit Verbrennungsmotor, Drei- und Vierräder, Dampfwagen, Elektroautos sowie Fahr- und Motorräder. Einzige Bedingung: Sie müssen samt und sonders mehr als 117 Jahre auf dem Buckel haben. Das Ganze nennt sich London to Brighton Veteran Run, hat aber mit einem Autorennen nichts zu tun. Es geht vielmehr um das Ankommen.

Keine Frage, jedes der am ersten und damit ältesten Motor-Ereignis der Welt teilnehmenden Fahrzeuge hat seine eigene, ganz besondere Historie. Doch ein Auto, das sich von Beginn an im Besitz von ein und derselben Familie befindet und an der Tour bereits des Öfteren mitgemacht hat, gehört zu den besonderen Seltenheiten. Ein London to Brighton Veteran Run, Baujahr 1903, ist eine davon.

1903 beschloss Sir George White, ein in Bristol ansässiger Geschäftsmann, Börsenmakler und später Gründer der Bristol Airplane Company, seinem Sohn Stanley White ein großzügiges Geschenk zum 21. Geburtstag zukommen zu lassen: einen fabrikneuen Panhard-Levassor. 750 Pfund machte er dafür locker, was sich im Lauf der Jahrzehnte als gute Investition herausstellte. Denn bis heute blieb das französische Auto in englischem Familienbesitz und fährt immer noch, inzwischen mit Stanleys Enkel am Steuer, der wie sein Urgroßvater auf den Namen Sir George White hört. Er wird den Panhard auch beim diesjährigen Lauf nach Brighton lenken. Wenn nichts dazwischen kommt, dürfte ihn in Zukunft Sohn Philip als Pilot des Veteranen ablösen.

Erstbesitzer Stanley White durfte seinen Panhard-Levassor, ein offener Viersitzer mit 2,4 Liter großen Vierzylindermotor, 18 PS und Kettenantrieb, 1903 in Paris höchst persönlich in Empfang nehmen. Mit einer für damalige Verhältnisse atemberaubenden Spitzengeschwindigkeit von an die 70 km/h ist er danach begeistert zurück in die Heimat gereist.

Damals war der Wagen noch weiß mit roten Applikationen lackiert, ein Jahr später änderte die Familie die Farbe in Dunkelgrün und Schwarz. Gleichzeitig erhielt das Auto mit der Einführung von Nummernschildern in Großbritannien das Kennzeichen „AE 10“, das es noch heute trägt. „Das war übrigens das letzte Mal, dass der Panhard neu gestrichen wurde, nämlich - 1904“, berichtet der heutige Sir George, der ihn 1964 nach dem Tod seines Großvaters erbte. Stanleys weitere Veränderungen beschränkten sich in erster Linie auf den Einbau einer Windschutzscheibe.

Von damals bis heute erlebte der Panhard-Levassor AE 10 fünf Könige und eine Königin – von Eduard VII bis zu Charles III, dem Nachfolger von Königin Elisabeth II. Die meiste Zeit seines bisherigen Lebens verbrachte der Oldtimer in Chard, einer kleinen englische Stadt in der Grafschaft Somerset im Südwesten von Großbritannien. Dort transportierte er Familie White häufig zum Fischen an einen nahe gelegenen Fluss. In den 1950er Jahren durfte er zum ersten Mal am London to Brighton Veteran Run teilnehmen. Am Steuer saß Sir Alec Croydon, der damalige Chef der Motorenentwicklung der Flugzeugwerke British Aircraft Corporation.

Laut dem derzeitigen Sir George White rollt der alte Panhard dieses Jahr zum 20. Mal von London nach Brighton, zu Beginn neunmal unter der Regie von Sir Alec, danach war er bis heute dran. Allzu große Probleme gab es bislang nicht.

"Mir hat mal jemand gesagt, das Spannende an der Fahrt besteht darin, dass man weiß, dass unterwegs irgendwas passieren wird, aber nicht weiß, wann und wo“, erzählt Sir George. „Da mag was dran sein. Aber wenn wir unseren Panhard vernünftig vorbereiten, läuft alles wie geschmiert, und es ist für uns mal eben ein Trip von London nach Brighton, sonst nichts.“

Doch allein die besondere Atmosphäre beim Start am Hyde Park reizt ihn.

"Das Treffen im Hyde Park im Morgengrauen hat wirklich etwas Wunderbares an sich“, sagt er voller Vorfreude. "Ich erinnere mich an ein Jahr, da gab es dichten Nebel und da rollte ein Auto vor, das tatsächlich mit Kerzen in seinen Scheinwerfern ausgerüstet war. Es war ziemlich bizarr. Und dann ist es wunderbar, Hyde Park zu verlassen. Es gibt eine enorme Erleichterung, wenn Sie in Brighton ankommen, aber dann macht sich plötzlich das schreckliche Gefühl breit zu wissen, wir müssen ein ganzes Jahr darauf warten, bevor wir das alles wieder veranstalten können ..." (aum/hrr)

Foto: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's London to Brighton Veteran Car Run

 


Veröffentlicht am: 20.10.2022

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