Die Chinesen sind da, und dieses Mal wollen sie auch bleiben. Nach den ersten reichlich misslungenen Versuchen, in Europa Fuß zu fassen, sind in den vergangenen Monaten gleich fünf Marken aus der Volksrepublik auf dem deutschen Markt an den Start gegangen.
Mit Wey aus dem Great-Wall-Konzern ist nun das halbe Dutzend voll. Im nächsten Jahr wird mit Ora außerdem eine weitere Konzernmarke in Deutschland starten. Das erste Wey-Modell fordert mit einem Modellnamen zu einem Wortspiel heraus.
Der Coffee 01 könnte zu einer Kaffeefahrt mit dem Kaffee-Experten längst vergangener Zeiten einladen, doch darauf wollen wir lieber verzichten. In China rollt der Coffee übrigens als Mokka über die Straßen – dagegen hätte in Europa wohl Opel einiges einzuwenden gehabt.
Der Wey Coffee 01 kommt in einem klassischen SUV-Design auf den Markt und fügt sich nahtlos in dieses Segment ein. Die Formensprache ist dabei eigenständig, und mit einer Länge von 4,87 Metern entspricht er den in dieser Klasse üblichen Abmessungen. Die Kreativen in der Konzernzentrale verzichteten bewusst auf Spielereien, und so hat der Coffee 01 einen unauffällig eleganten Auftritt. Wobei die wuchtige Frontpartie schon für ein starkes Selbstbewusstsein spricht.
Das Ausgefallene versteckt sich hinter der wuchtigen Frontpartie sowie zwischen den Achsen und im Heck. Zwar neigt sich die staatliche Förderung der Plug-in-Hybride dem Ende entgegen, doch bei Wey setzt man auf diesen Antrieb. „Wir betrachten diese Technologie als Brückentechnik und glauben, dass diese Brücke noch sehr lange da sein wird“, erklärt Marketingleiter Timo Jahnke. „Außerdem wollen wir damit Kunden überzeugen, die der Elektromobilität noch skeptisch gegenüberstehen.“ Zwischen den Rädern montierten die Wey-Entwickler einen 39,7 kWh starken Akku, der dem Coffee 01 eine Reichweite von 146 Kilometern nach WLTP ermöglichen soll. Geladen werden kann der Energiespeicher mit maximal 50 kW. Die Kombination aus Verbrenner (204 PS) und den beiden Elektromotoren (120 kW und 135 kW) ergibt eine Systemleistung von 476 PS. Das maximale Drehmoment ist bei 847 Newtonmetern erreicht.
Die Kraftübertragung übernimmt ein unauffällig agierendes Neun-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das von Great Wall entwickelt wurde. Der Elektroantrieb an der Hinterachse besitzt ein eigenes Zwei-Gang-Getriebe, das für eine bessere Kraftentfaltung und ein höheres Tempo im Elektrobetrieb verantwortlich ist. Great Wall gib eine Beschleunigung von fünf Sekunden von 0 auf 100 km/h an, und die Höchstgeschwindigkeit ist bei 235 km/h erreicht. Beim Verbrauch schlägt wieder die realitätsferne WLTP-Messmethode zu, die 0,4 Liter auf 100 Kilometer verspricht. Tatsächlich lag der Verbrauch nach einer ersten 150 Kilometer langen Runde durch das ländliche Portugal am Ende bei 2,8 Liter – nicht schlecht für einen 2,3 Tonner.
Ist das Außendesign schon unauffällig, so setzt sich dieser Eindruck im Inneren fort – fast. Die Ambientebeleuchtung tischt im Wechsel verschiedene Farben auf, das zentral angeordnete große Display bietet zum Start asiatische Farbenspiele, und auch das serienmäßige Head-up-Display wirkt für Europäer auf den ersten Blick etwas verspielt. Die Informationszentrale vor dem Lenkrad hingegen ist etwas klein geraten, so dass die verschiedenen Symbole nur schwer zu erkennen sind. Der Innenraum ist aber angenehm großzügig gestaltet, die (veganen) Materialien machen einen der Preisklasse angemessenen Eindruck, und auch im Fond ist ausreichend Platz. Die Verarbeitung entspricht europäischen Standards. Allerdings ist der Kofferraum mit 385 Liter Fassungsvermögen etwas klein geraten, doch das soll sich bald ändern. „Wir werden bei der ersten Aktualisierung eine verstellbare Rücksitzbank einführen“, verspricht ein Wey-Sprecher.
Über den zentralen Monitor lassen sich die verschiedenen Einstellungen steuern. Dazu gehört auch die Rekuperation. Allerdings sind die drei möglichen Stärken nur über ein Untermenü im Monitor einstellbar, was wiederum vom Fahrgeschehen ablenkt. Zudem könnte die Energierückgewinnung durchaus etwas stärker eingreifen. Die Lenkung arbeitet präzise, und das Fahrwerk ist eindeutig in Richtung Komfort ausgelegt. Die Sitze (mit Belüftungs-, Heizungs- und Massagefunktion) passen sich der Abstimmung an, bieten ausreichend Seitenhalt, wobei der Coffee 01 alles andere als ein Sport-SUV ist. Stattdessen ist er vielmehr als Cruiser ausgelegt, der nicht unbedingt dynamisch durch Kurven gejagt werden will.
Die Serienausstattung ist bereits umfangreich. Neben den Matrix-Scheinwerfern gehören Parkkameras, DC-Anschluss, 21-Zoll-Felgen und das Head-up Display zur Serie, das den minimalistischen Tacho gut ergänzt. Außerdem sind alle denkbaren Assistenzsysteme einschließlich automatischer Einparkhilfe an Bord.
Die Preisliste für den Coffee 01 beginnt bei 55.900 Euro für die Basisversion. Die Variante Luxury kostet 59.900 Euro. Im ersten Quartal des kommenden Jahres startet der kompaktere Coffee 02 zu Preisen, die bei rund 45.000 Euro beginnen sollen. (Walther Wuttke/cen)
Foto: Autoren-Union Mobilität/Wey