Gleich zwei Modelle musste der Mercedes-Benz 230 SL ersetzen, der am 14. März 1963 auf dem Genfer Autosalon erstmals zu sehen war. Der W 113 löste sowohl den 300 SL Roadster (W 198) als auch den 190 SL (W 121) ab.
Bekannter als unter der nüchternen Baureihenbezeichnung wurde der bis 1971 gebaute Sportwagen unter dem Namen „Pagode“, der sich auf die nach innen gewölbte Dachform des Hardtops bzw. Coupés bezieht, die an asiatische Tempel erinnert.
Der 230 SL überzeugte vor 60 Jahren als komfortabler, zweisitziger Reisewagen mit hohen Fahrleistungen. Sein Design entstand unter der Leitung von Friedrich Geiger. Es verbindet klare Linien mit dem klassischen SL-Gesicht samt großem Zentralstern im Kühlergrill. Das abnehmbare Hardtop mit der charakteristischen Form entwarf Paul Bracq.
Wegweisend für Sportwagen der Zeit war das Sicherheitsniveau des W 113. Die Rahmenbodenanlage des 230 SL stammte von den Limousinen der Baureihe W 111. Sie wurde verkürzt und verstärkt. Die „Heckflosse“ war 1959 der weltweit erste Personenwagen mit Sicherheitskarosserie, entwickelt von Sicherheitspionier Béla Barényi. Davon profitierte auch die „Pagode“ mit stabiler Fahrgastzelle sowie Knautschzonen vorn und hinten. Die Federung war straff, aber für einen Sportwagen der 1960er-Jahre fast untypisch komfortabel. Erstmals bei einem SL war auf Wunsch ein Viergang-Automatikgetriebe erhältlich. Der 230 SL hatte Scheibenbremsen an den Vorderrädern, der ab 1967 gebaute 250 SL auch an der Hinterachse.
Mercedes-Benz bot den SL in seiner achtjährigen Bauzeit mit drei verschiedenen Motoren an. Der sportlich ausgelegte Sechszylinder M 127 des 230 SL basierte auf dem M 180 des 220 SE, dessen Hubraum auf 2306 Kubikzentimeter vergrößert wurde. Der Motor leistete 150 PS (110 kW), die Höchstgeschwindigkeit lag bei 200 km/h. Der Sportwagen beschleunigte aus dem Stand in 11,1 Sekunden auf 100 km/h.
Mercedes-Benz setzte den 230 SL auch erfolgreich im Motorsport ein. Herausragend war der Sieg von Eugen Böhringer und Klaus Kaiser bei der mehr als 5000 Kilometer langen Marathon-Rallye Spa–Sofia–Lüttich Ende August 1963. Im Folgejahr erreicht das Duo ebenfalls mit dem 230 SL Platz drei.
Ende 1966 löste der 250 SL den 230er ab. Sein Reihensechszylindermotor M 129 verfügte über 2496 Kubikzentimeter Hubraum. Leistung und Höchstgeschwindigkeit blieben gegenüber den Vorgängermodell gleich, die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h gelang aber 1,1 Sekunden schneller. Zudem erhielt der 250 SL einen Bremskraftregler, vorn größere Bremsscheiben und die erwähnten hinteren Scheibenbremsen. Ein weiterer Unterschied: Der 250 SL war auf Wunsch mit Coupédach und Fondsitzbank lieferbar. Diese „California“-Ausführung ergänzte die vom 230 SL bekannte Karosserievariante als Roadster mit Stoffverdeck und abnehmbarem Coupédach. Mercedes-Benz zeigte die Version mit Fondsitzbank erstmals im März 1967 ebenfalls in Genf. Der „California“ besaß weder ein Roadsterverdeck noch einen Verdeckkasten, um Raum für die hintere Sitzbank zu schaffen.
Der 280 SL mit dem 2778 Kubikzentimeter großem Reihensechszylinder M 130 erschien 1968 – und war erfolgreichste Version der Baureihe. Die Leistung stieg auf 170 PS (125 kW). Die Beschleunigung auf Tempo 100 konnte in neun Sekunden erfolgen. Es blieb aber nach wie vor bei einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h.
Im März 1971 endet die Produktion des W 113 nach insgesamt 48.912 gebauten Fahrzeugen. Davon entfielen 19.831 Exemplare auf den 230 SL, 5196 Stück auf den 250 SL und 23.885 Einheiten auf den 280 SL. (aum)
Foto: Autoren-Union Mobilität/Mercedes-Benz