
Gefährliche Teile, fehlerhafte Funktionen, gesundheitsschädliche  Substanzen: Sicherheitsmängel können jedes Produkt betreffen, von Autos  über Spielzeug bis zu Elektronik oder sogar Kleidung. Wird ein  Sicherheitsmangel nachgewiesen, kann es zu einem Produktrückruf kommen. 
„In Europa gewährleisten zahlreiche Vorschriften ein hohes  Produktsicherheitsniveau. Aber Fehler in der Produktion,  Verunreinigungen, ungenügendes Produktdesign oder häufig auch kriminelle  Energie führen dazu, dass immer wieder minderwertige Produkte in Umlauf  kommen, die ein Risiko für Verbraucher:innen sein können“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. „Rückrufe  sind das letzte Mittel, um gesundheitsschädliche Produkte aus dem  Verkehr zu ziehen, bevor Menschen zu Schaden kommen.“ Das Problem:  Bei der Vielzahl an Produkten ist es schwierig, die Konsument:innen mit  den notwendigen Informationen zu erreichen. „Verbraucher:innen müssen sehr aufmerksam sein, damit sie von einem Produktrückruf der Hersteller erfahren“,  sagt Bühler. Das sei vor allem der Fall, wenn der Kunde dem Hersteller  oder Händler nicht namentlich bekannt ist und nicht persönlich  kontaktiert werden kann. 
Laut Schätzungen von Verbraucherschützer:innen erhalten weniger als 20  Prozent der betroffenen Konsument:innen die notwendigen Informationen.
So geht ein Rückruf vonstatten
In Deutschland regelt das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), wann und  wie Rückrufe ablaufen. Eine Rückrufpflicht besteht dann, wenn von einem  mangelhaften Produkt eine ernste Gefahr ausgeht, die plötzlich,  unvorhersehbar, unabwendbar und unmittelbar ist. Der Produktrückruf  erfolgt dann in zwei Schritten: Erster Schritt ist ein sofortiger  Verkaufsstopp. Der Hersteller oder Importeur veröffentlicht eine  Erklärung zu den bestehenden Mängeln und Risiken sowie  Handlungsanweisungen für die Nutzer:innen. Mit dieser Erklärung werden  die Einzelhändler informiert und aufgefordert, das betroffene Produkt  umgehend aus den Regalen zu nehmen. Im zweiten Schritt werden bereits  verkaufte Produkte wieder aus dem Verkehr gezogen. Hierzu müssen die  Verbraucher:innen informiert werden. Das erfolgt vor Ort in den  Geschäften durch einen Aushang oder durch eine Bekanntgabe in Zeitungen,  Online-Portalen oder Warn-Apps. „In vielen Fällen bekommen  Betroffene nichts von einem Produktrückruf mit, weil sie nicht in das  Geschäft zurückkehren oder die Nachricht in den Medien nicht lesen“, sagt Bühler. „In der Regel müssen Konsument:innen Informationen zu mangelhaften oder gefährlichen Produkten gezielt suchen.“ Auch, weil bei den meist anonymen Käufen eine individuelle Information nicht möglich sei.
Alle den Behörden bekannten Produktrückrufe und -warnungen finden  Verbraucher:innen in der Datenbank „Gefährliche Produkte in Deutschland"  der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), über das  EU-Schnellwarnsystem Safety Gate oder auf Online-Portalen wie  beispielsweise www.produktrueckrufe.de. Lediglich bei defekten  Fahrzeugteilen ermittelt das Kraftfahrt-Bundesamt die  Fahrzeughalter:innen persönlich. Bei sicherheitsrelevanten Mängeln sind  nicht nur die Fahrzeughersteller, sondern auch die Halter:innen in der  Pflicht, die Mängel beheben zu lassen. „Betroffene Verbraucher sollten die Aufforderung, einen Artikel zurückzugeben, nicht ignorieren“, erläutert Bühler. „Insbesondere  Produkte für Risikogruppen wie fehlerhaftes Kinderspielzeug können  ernste Sicherheitsrisiken bedeuten. Sie sollten nicht mehr genutzt und  aus der Reichweite von Kinderhänden verwahrt werden.“ Mit dem Kassenbon kann mangelhafte Ware im Geschäft zurückgeben werden und Käufer:innen erhalten ihr Geld zurück.
Stellen Verbraucher:innen einen bislang unerkannten Sicherheitsmangel  fest, sollten sie umgehend den Hersteller oder Händler und die  zuständige Landesbehörde informieren. Die Behörden entscheiden dann, ob  weitere Schritte eingeleitet werden müssen. Unabhängig von  Produktrückrufen besteht eine zweijährige Gewährleistungsfrist. Das  heißt, Käufer:innen können ein fehlerhaftes Produkt im Geschäft  zurückgeben. Sie haben dann Anspruch auf eine Reparatur oder eine  Gutschrift.
Europäisches Schnellwarnsystem lückenhaft
Das EU-Schnellwarnsystem für mangelhafte Produkte (außer Lebensmittel),  das so genannte Safety Gate, sammelt alle behördlichen Meldungen über  gefährliche Produkte aus der Europäischen Union. Seit der Einführung des  Safety Gate im Jahr 2003 ist die Zahl der Warnmeldungen von 139 auf  jährlich gut 2.000 gestiegen. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 2.142  Warnmeldungen mit Angaben zu den Mängeln und Fotos der Produkte  veröffentlicht. „Die Dunkelziffer mangelhafter Produkte dürfte um ein  Vielfaches höher sein, denn nur ein Bruchteil der Fälle werden von den  nationalen Behörden entdeckt und Safety Gate gemeldet“, kritisiert  Bühler. Deutschland nimmt die Sicherheit der Verbraucher:innen besonders  ernst: Fast 26 Prozent der gesundheitsgefährdenden Produkte wurden von  deutschen Behörden gemeldet. Gut jede vierte Produktwarnung betrifft  Kraftfahrzeuge (26 Prozent) und jede fünfte Spielwaren (20 Prozent).
Im EU-Binnenmarkt gelten einheitliche gesetzliche Anforderungen für  Verbraucherprodukte, festgelegt etwa durch die Spielzeugrichtlinie, die  Niederspannungsrichtlinie oder die Allgemeine  Produktsicherheitsrichtlinie. Hersteller und Importeure von Spielwaren  oder Elektronikprodukten müssen eine so genannte  Herstellerselbsterklärung abgeben und auf dem Produkt selbst oder der  Verpackung das CE-Kennzeichen anbringen. Die Kennzeichnung drückt aus,  dass die in der auf den Markt gebrachten Produkte den in der EU  geltenden Anforderungen entsprechen. Eine unabhängige Produktprüfung ist  dafür nicht notwendig. Viele andere Verbraucherprodukte, die nach der  Produktsicherheitsrichtlinie vermarktet werden, kennen hingegen keine  Konformitätsbewertungsverfahren oder CE-Kennzeichnung.
TÜV-Verband: Das sollten Verbraucher:innen bei Produktrückrufen beachten
Zahl der als gesundheitsgefährdend eingestuften Produkte wächst
Veröffentlicht am: 05.12.2022
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