Rennsport  hat bei Honda eine lange Tradition und spätestens seit der Einführung  der ersten Generation Civic Type R im Jahr 1997 sind die Japaner für  ihre kraftvollen und hochdrehenden Motoren bekannt. Pünktlich zum 50.  Geburtstag des Civic sowie zum 25-jährigen Type-R-Jubiläum kommt nun die  Neuauflage des kompakten Sportwagens. Mittlerweile ist es die fünfte  R-Generation für Europa. Doch bei unserem ersten Rundgang um den  japanischen Hot Hatch scheint irgendwie einiges anders.
Bisher  stellten die potenten Vorgänger ihre Kraft auch optisch mit reichlich  Spoiler-Werk sowie Finnen-Garnitur ganz ungeniert zur Schau. Mit dem  expressiven Auftritt ist nun Schluss. Der neue Civic Type R, der Anfang  2023 erscheint, trägt trotz seinem Heckflügel mitsamt der dreiflutigen  Auspuffanlage nicht mehr so dick auf. Zwar unterstreichen sportliche  Beigaben wie die breit ausgestellten Kotflügel oder etwa die  Frontschürze mit großem Lufteinlass den dynamischen Eindruck, doch im  direkten Vergleich wirkt der Neue zahmer, ja vielleicht sogar schon eine  Spur zu brav.
Weniger ist mehr lautet die Devise, denn statt zu  polarisieren konzentrierten sich die Japaner lieber auf den Feinschliff.  Der Type R wurde durch den Einsatz von Leichtbaukomponenten optimiert.  So besteht die Motorhaube aus Aluminium und die Heckklappe aus  Kunststoff. Und obwohl der obligatorische Heckflügel jetzt etwas  schlanker ausfällt, hat sich die Aerodynamik verbessert. Positiver  Nebeneffekt: Dank filigranem Spoiler fällt die Sicht für den Fahrer nach  hinten nun wesentlich besser aus. Doch vor allem möchte der Honda Civic  Type R wieder neue Maßstäbe in seiner Klasse setzen. Eine erste  Kostprobe gab es bereits auf der Rennstrecke in Suzuka. Dort hat der  Japaner einen neuen Rundenrekord für frontangetriebene Fahrzeuge  aufgestellt.
Unter  der Haube sitzt der bekannte 2,0-Liter-Turbobenziner aus dem Vorgänger.  Eigentlich, denn für den neuen Civic Type R wurde der bekannte  Vierzylinder noch einmal kräftig überarbeitet. Der Lader verfügt über  optimierte Turbinenschaufeln, die ihn freier atmen lassen. Dadurch  arbeitet der Turbo im hohen Drehzahlbereich durchzugsstärker und  effizienter. Die Triebwerkleistung wurde dagegen nur geringfügig  angehoben. Der mit einer variablen Ventilsteuerung (VTEC) ausgerüstete  Benziner bringt es jetzt auf 329 PS, zuletzt waren es noch 320 PS.  Trotzdem ist der aktuelle Antrieb nun der stärkste Motor in der  langjährigen Type-R-Geschichte von Honda.
Viel wichtiger jedoch:  Mit 420 Newtonmetern ist auch das maximale Drehmoment um 20 Nm  gestiegen, das schon bei frühen 2000 Touren bereitsteht. Das sorgt beim  Type R für mehr Durchzugskraft, der maximal auf bis zu 7000 U/min  losstürmt. Anschließend blitzen die roten Drehzahl-Warnlampen im  digitalen Cockpitdisplay auf und mahnen den Fahrer zum Schalten.  Dementsprechend lustvoll geht´s im Honda zur Sache. Der leichtfüßig  hochdrehende Motor strotzt mit Kraft in allen Lebenslagen. Damit presst  sich das Kraftpaket in nur 5,4 Sekunden auf Tempo 100 und erst bei 275  km/h ist Schluss mit dem ungestümen Vorwärtsdrang.
Wer aber jetzt  meint, dass sich die vehemente Power bei jedem Kavalierstart in  beißendem Rauch auflösen könnte, der irrt. Dank Sperrdifferenzial zieht  das Civic-Topmodell ohne nennenswerte Traktionsverluste sauber los und  baut über die Michelin-Pneus im Format 265/30 R19 erstaunlich viel Grip  auf. Selbst beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven ist die  Performance für einen Fronttriebler enorm, daher benötigt der gut 1,5  Tonnen schwere Civic keinen Allrad. Man vermisst ihn auch nicht. Das  wäre ohnehin nur unnötiges Übergepäck.
Auch  wird der Civic Type R im Gegensatz zu vielen anderen Mitbewerbern nicht  über ein Doppelkupplungsgetriebe geschaltet. Hier regiert und agiert  der Fahrer noch selbst über eine manuelle Sechsgang-Box. Die  Schaltarbeit am Aluminiumstick bereitet mit ihren kurzen, knackigen  Wegen richtig Spaß. Die Gänge rasten mit einem präzisen Klack und fast  schon wie von selbst ein, während die Rev-Match-Funktion den Fahrer mit  kurzen Zwischengasstößen bei Schaltvorgängen unterstützt. Das voluminöse  Geräusch, welches der Motor dabei über die dreiflutige Abgasanlage  erzeugt, ist die reinste Wonne. Überhaupt ist die sportlich-fauchende  Klangkulisse des 2,0-Liter-Turbos ein wahrer Genuss.
Beim Fahren  übertrifft der Civic Type R die Erwartungen. Der Japaner vermittelt  seinem Piloten einen hoch agilen Eindruck und lenkt messerscharf,  während ihn die rot gepolsterten Sportsitze fest im Griff haben.  Aktiviert der Fahrer dann noch den +R-Modus auf der Mittelkonsole,  spannt der straffe Honda seine Muskeln und wechselt vom  alltagstauglichen Sport- ins ultimative Rennsportprogramm. Anschließend  wird das Fahrwerk härter, die Lenkung straffer und das Triebwerk giert  nochmals spontaner nach Gasbefehlen. Gleichzeitig lichtet sich das  ESP-Sicherheitsnetz und lässt mit mehr Freiheiten nochmals höhere  Kurvengeschwindigkeiten zu als ohnehin schon. Aber selbst dann lässt  sich der perfekt ausbalancierte Honda nicht aus der Ruhe bringen und  bleibt im Grenzbereich sehr sicher und berechenbar.
Auch die  serienmäßige Brembo-Bremsanlage packt fest zu und gefällt selbst nach  starker Beanspruchung noch mit einer guten Dosierbarkeit. Alles beste  Vorrausetzungen bei unserem Ritt auf abgesperrtem Terrain und vielleicht  sogar auch schon für die nächste Rekordfahrt auf der  Nürburgring-Nordschleife, wenn es beim Kampf um die sportliche  Kompaktwagen-Krone geht. Der alltagstaugliche Sportler bringt jede Menge  Fahrspaß mit. Darüber hinaus hat der Hot Hatch die Messlatte wieder ein  Stück höhergelegt und empfiehlt sich so als eine gelungene  Fahrmaschine. Doch ist der Japaner nicht günstig.
Mit  einem Einstiegspreis von 55.500 Euro kostet er sogar gut 13.000 Euro  mehr als sein Vorgänger. Zum Vergleich: Ein VW Golf R beginnt schon bei  rund 53.000 Euro. Zwar ist der Wolfsburger nicht so gut ausgestattet wie  der reichhaltig bestückte Japaner, dafür bringt er aber neben einem  DSG-Getriebe auch schon einen Allradantrieb mit – sofern man ihn  braucht. (Guido Borck/cen)
Foto: Autoren-Union Mobilität/Honda
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... oder wie Honda Civic Type R
Veröffentlicht am: 03.12.2022
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