
Ein  Autofahrer, der seinen Autoschlüssel im Briefkasten eines Kfz-Betriebes  zurücklässt und dessen Fahrzeug danach gestohlen wird, muss von seinem  Kaskoversicherer ohne Einschränkung entschädigt werden – vorausgesetzt,  der Betreffende konnte davon ausgehen, dass der Briefkasten ausreichend  gesichert ist. 
So hat das Landgericht (LG) Oldenburg jüngst  entschieden (Az.: 13 O 688/20). Die Richter gaben damit dem Bestohlenen  recht, weil dieser glaubhaft machen konnte, dass er aufgrund des äußeren  Eindrucks des Briefkastens nicht befürchten musste, sein Autoschlüssel  könne in die Hände von Dieben geraten.
Es ist so praktisch: Man  hinterlässt sein Auto am Abend vor einem Werkstatt-Termin auf dem  Heimweg vor dem Gebäude der Kfz-Firma, wirft seinen Autoschlüssel in den  Briefkasten des Betriebes und dessen Mitarbeiter können am nächsten Tag  auf das Fahrzeug zugreifen, wann immer es ihnen am besten passt.  Derweil kann man selbst seinen Tag mit anderen Vorhaben verplanen. Doch  dieses Vorgehen ist auch mit einem gewissen Risiko behaftet. Denn  Autodiebe können den Schlüssel aus dem Briefkasten entwenden und so ohne  Probleme das Fahrzeug an sich bringen. Dann stellt sich die Frage, wer  für den entstandenen Schaden aufzukommen hat?
So ähnlich lag auch  der Fall, den das LG Oldenburg verhandeln musste. Ein Autobesitzer  hinterließ gemäß Absprache mit dem Autohaus an einem Sonntagabend seinen  Wagen auf dem Parkplatz der Firma sowie seinen Fahrzeugschlüssel in  deren Briefkasten. Für den darauffolgenden Montag hatte der Autofahrer  einen Termin in der Werkstatt, den er aus beruflichen Gründen nicht  unmittelbar zu diesem Zeitpunkt wahrnehmen konnte. Doch an besagtem Tag  stand das Fahrzeug des Kunden dann nicht mehr an dem Platz, wo dieser es  zurückgelassen hatte. Es war gestohlen. Daraufhin verlangte der  Versicherte aus seinem Kaskoversicherungsvertrag heraus die  entsprechende Leistung, die ihm jedoch von seinem Versicherer verweigert  wurde mit der Begründung, der Versicherungsnehmer habe beim  Hinterlassen seines Autoschlüssels im Briefkasten der Werkstatt grob  fahrlässig gehandelt.
Dagegen wendet das LG Oldenburg ein,  entgegen der Ansicht der Beklagten (Versicherung) sei das Verhalten des  Klägers (Versicherungsnehmer) in diesem Fall nicht als grob fahrlässig  anzusehen und begründe daher keine Leistungskürzung. Dazu das Gericht in  seinem Urteil weiter: „Es ist zwar anerkannt, dass das Einwerfen eines  Schlüssels in den Briefkasten eines Autohauses den Tatbestand der groben  Fahrlässigkeit erfüllen kann“ – siehe beispielsweise OLG Köln, AZ 9U  65/00. Dieser Grundsatz gilt demnach jedoch nicht ohne Weiteres.  Entscheidend sind nach Einschätzung des Gerichts vielmehr die Umstände  des jeweiligen Einzelfalles, sodass es also darauf ankommt, ob ein in  einen Briefkasten eingeworfener Schlüssel leicht wieder herausgezogen  werden kann und ob sonstige äußere Umstände den Verdacht aufkommen  lassen müssen, der Schlüssel sei dort nicht sicher und dem Zugriff  Dritter leicht ausgesetzt. Solche Umstände lägen jedoch in dem zu  verhandelnden Fall nicht vor, argumentiert das Landgericht.
Dabei  bezieht es sich auf die konkreten Umstände in diesem Einzelfall, dass  nämlich der Briefkasten sich im direkten Eingangsbereich des Autohauses  befinde. Der Eingangsbereich liege zurückgesetzt hinter den  Schaufenstern der Ausstellung und sei somit in das Gebäude  hineingezogen, heißt es in der Urteilsbegründung. Aufgrund der  beschriebenen Örtlichkeiten entstehe der Eindruck, als befinde der  Briefkasten sich in einem geschützten Bereich, der zudem mit Lampen  bestückt ist, die den eingegrenzten Eingangsbereich beleuchten,  beschreibt das Gericht weiter die örtlichen Gegebenheiten. Ferner sehe  der Briefkasten selbst von außen aus, als sei er so tief, dass die oben  in den Schlitz eingeworfenen Teile weit nach unten fallen und dass man  diese von außen nicht erreichen und herausholen kann, konstatiert das LG  Oldenburg. Nach seiner Einschätzung sieht der Briefkasten zudem so  stabil aus, als sei er nicht leicht aufzubrechen.
Bei diesem  äußeren Anschein habe der Kläger, also der Bestohlene, keine Sorge haben  müssen, dass der Schlüssel von Unbefugten aus dem Briefkasten  herausgenommen werden würde, befindet das Gericht. Zumal er auch darauf  geachtet habe, dass der Schlüssel nach unten fällt. Darüber hinaus sei  es an dem Autohaus früher zu keinem vergleichbaren Entwendungsfall  gekommen, von dem der Kläger wusste, führt das Gericht weiter aus.
Vor  dem Hintergrund der Umstände in diesem Einzelfall und des Eindrucks von  dem Briefkasten gelangt das Landgericht zu dem Schluss, dass das  Einwerfen des Schlüssels in diesen Briefkasten nicht als grob fahrlässig  anzusehen sei. Deswegen muss der Kaskoversicherer für den entstandenen  Schaden aufkommen.
Quelle: Goslar-Institut
Schlüsseleinwurf bei der Werkstatt
... das ist nicht per se grob fahrlässig
Veröffentlicht am: 11.06.2021
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