Hattet  Ihr es nicht ein bisschen kleiner? Musste es gleich der Kampfruf der  französischen Revolutionäre von 1789 sein „Freiheit, Gleichheit,  Brüderlichkeit“ sein, wenn Ihr Euch mit der diesjährigen  Ford-Neuheiten-Roadshow „Performance meets Electric“ befasst. 
Der  Titel des Programms könnte doch auch nur eine freundliche Einladung des  Vertriebs sein, sich über die Alternative zu informieren, die mit den  Elektro-Modellen ins Produktportfolio gekommen ist. Sicher geht es um  die Auswahl und nicht um die Entscheidung zwischen unvereinbaren Welten.  Oder prallen hier in einem Unternehmen zwei Kulturen des Automobils  schicksal- und beispielhaft aufeinander – die eine chancenlos, weil  überlebt wie der Gottkönig, die andere getragen von der Begeisterung des  ganzen Volks?
Für Ford scheint der Wettkampf der Systeme  entschieden. Das Unternehmen erklärte jetzt auch im Umfeld der Roadshow  wieder, bis 2030 werde es bei Ford in Europa nur noch  batterieelektrische Personenwagen geben. Bei einem in etwa  gleichbleibenden Marktanteil von 4,3 Prozent müsste der europäische  Zweig des US-Autoriesen in acht Jahren eine Million batterieelektrisch  angetriebene Personenwagen bauen und nicht ein einziges Fahrzeug mit  Verbrennungsmotor. Das ist mal ein eindrucksvolles Statement, wenn man  es ernst nimmt.
Anders als in Detroit halten sich die Kölner  keinen Ausweg offen, höchstens bei den Nutzfahrzeugen. Nun hören wir in  diesen Monaten viele Schwüre dieser Art. Doch die Fords in Europa meines  es ernst und zeigen das mit ihrer Roadshow. Denn die beiden  Flaggenträger der gegnerischen Truppen treten unter demselben Namen im  großen Showroom an: der Mustang Mach 1 betritt die Arena als vielleicht  letzter Vertreter seiner Klasse mit viel Hubraum, viel Power und einem  deutlichen Fußabdruck sowohl beim Lärm – oft als Sound gefeiert – als  auch beim Kohlendioxid. In der entgegengesetzten Ecke sein Vetter: der  Mustang Mach-E, ein Crossover, veredelt vom Glanz seiner moralischen  Überlegenheit, weil die Leistung aus der Batterie stammt. Er zitiert die  Silhouette seines Vetters und möchte so offenbar die Brücke schlagen  zum kraftprotzenden Rauhbein aus dem vorrevolutionären Zeitalter.
Für  einen Grundpreis von 60.800 Euro rollen zur Zeit die ersten Mach 1 zu  Kunden in Deutschland, ausschließlich als Fastback. Mit 460 PS liefert  der Mach 1 nicht mehr Power als der Ford Bullit. Aber er ist mehr als  jeder andere aus dem Hause Ford für den Einsatz auf der Rennstrecke  abgestimmt. Der aerodynamische Abtrieb liegt um 22 Prozent höher als  beim Serienmodell. Er verfügt über eine Launchcontrol, ein  Sperrdifferenzial an der Hinterachse und Radaufhängungskomponenten aus  dem Shelby 350 GT und GT 500 sowie das elektronisch geregelte  „MagnaRide“-Fahrwerk und fünf Fahrprogramme mit den bezeichnenden Namen  „Normal“, Sport+“, „Schnee/Nässe“, Rennstrecke“ und „Drag Strip Mode“.  Eines der verfügbaren Getriebe ist die Ford-Zehn-Gang-Automatik.
Mit  der Sechs-Gang-Handschaltung „Tremex TR-3160“ hingegegn lernt der  Fahrer schon beim Einlegen des ersten Gangs, dass von nun an Präzision  angesagt ist. Wer’s kann, schafft den Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,4  Sekunden, braucht für die Viertelmeile 12,6 Sekunden, schafft die Spitze  von 267 km/h und lässt keinen Zweifel daran, dass er das  Laguna-Seca-Feeling gern auf die Touristenfahrten auf dem Nürburgring  übertragen würde, natürlich im angemessenen sportlichen Lederambiente  und im Zweifelsfall mit drei Passagieren.
Der Ford Mustang Mach  Bindestrich E bietet vier Passagieren Platz, in jedem Fall mit mehr Raum  als in den beiden hautengen Sitzschalen hinten im Mach 1. Reisekomfort  steht beim Mach-E eher im Vordergrund als der Seitenhalt. Dabei wird es  die GT-Version des Elektro-Mustang ab Ende 2021 bei der Beschleunigung  mit 3,7 Sekunden für 0 auf 100 km/h sogar in Supersportwagen-Regionen  schaffen. Sein Vorwärtsdrang endet allerdings schon bei 200 km/h, trotz  seiner 358 kW (487 PS) Leistung. Der höheren Geschwindigkeit wegen  verringert sich die Reichweite beim GT von 540 Kilometern auf 490  Kilometern bei der aktuellen Spitzenversion Mach-E Allrad Extended mit  258 kW (351 PS) ab 63.700 Euro. Der Mach-E Standard mit 198 kW (269 PS)  schafft 6,9 Sekunden, erreicht 180 km/h und bewältigt 440 km.
Ford  zeigt ehrlich wie kaum ein anderes Unternehmen die Alternative auf.  Jetzt kann sich jeder entscheiden, ob und wann er mitmacht oder nicht.  Das ist zwar noch keine Freiheit, aber immerhin die Möglichkeit, den Weg  bewusst mitzugehen. Bis 2030 bietet gerade Ford eine große Zahl an  Zwischenformen wie alle Hybridsysteme und Autos nur mit  Verbrennungsmotoren. Doch am Ende steht heute schon die Entscheidung:  hier die elektrische Zukunft, wie die Wohlmeinenden glauben, dort die  Erinnerung an die politisch unkorrekte Begeisterung.
Mustangs –  das waren die wilden, ungezähmten Pferde des wilden Westens, ein sehr  amerikanisches Symbol der Freiheit. Der gleiche Name für beide  Fahrzeug-Charaktere bringt allerding noch keine Gleichheit, selbst bei  übereinstimmender Leistung nicht. Der Gleichklang der Namen dient Ford  entweder dazu, den Abschied von den alten Zeiten zu erleichtern oder den  Glanz der Vergangenheit in eine weniger von individueller Mobiliät  geprägte Ära zu übertragen.
Wir alle leiden unter den Folgen des  verschwenderischen Umgangs mit fossiler Energie in allen Bereichen, auch  in der Mobiliät. Aber die Mobilität – besonders unsere persönliche  Mobilität – geht uns eben auch persönlich an. Das Klima bedroht uns  alle. Deswegen bedeutet der Begriff „Brüderlichkeit“ in diesem  Zusammenhang, dass nun alle für alle handeln und verzichten. So gar  nicht zum Ideal der französischen Revolution passt dabei allerdings der  Zwang zur Konformität. Alles batterieelektrisch für Europa – ist das  nicht zu kurz gesprungen?
    
Foto: Auto-Medienportal.Net/Ford  
Die Ford-Alternative zu Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit
Peter Schwerdtmann, Auto-Medienportal.Net, meint den Ford Mustang Mach 1
Veröffentlicht am: 15.06.2021
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