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Vision Zero

Mehr Sicherheit auf Landstraßen

2724 Menschen sind im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen ums Leben gekommen. Das sind zwar deutlich weniger als im Jahr zuvor und ist die bis heute niedrigste Opferzahl seit Beginn der statistischen Auswertung vor 60 Jahren, aber immer noch zu viele.

In einem Online-Forum hat der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) die Diskussion speziell über die Unfallgefahren in ländlichen Regionen begonnen, denn sie stehen für mehr als die Hälfte der Unfallopfer.

Gefürchtet etwa sind die Kollisionen bei riskanten Überholmanövern, aber auch das Abkommen von der Straße oder der Aufprall an einem Baum gehören zu den häufigsten Unfallereignissen. Große Hoffnung setzen Experten des DVR und des TÜV Rheinland auf die Weiterentwicklung aktueller Assistenzsysteme. Dabei spielen auch deren Funktionskontrolle und die Aufklärung der Fahrer, von denen manche den Spurassistenten gerne abschalten, eine Rolle. Immerhin fallen den TÜV-Prüfern Fehlfunktionen der Elektronikkomponenten bei jeder dritten Hauptuntersuchung auf. Wobei nicht einmal alle Systeme kontrolliert werden.

Bei einem Austausch der Frontscheibe etwa kann es zu einer Dejustierung der Kamera kommen, die für elementare Systeme wie den Notbrems- und auch den Spurassistenten Daten liefert. Systeme helfen nur dann, wenn sie funktionieren, der TÜV fordert daher eine Ausweitung der regelmäßigen Überprüfungen. Grundlage sei jedoch, dass Fahrer die Systeme verstehen und korrekt bedienen können. Hierbei müsse auch der Mensch mitgenommen werden, die regelmäßige Teilnahme an Trainings wird empfohlen.

Einen weiteren Beitrag zur Verkehrssicherheit können autonome Systeme des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) leisten. Automatisierte Verkehrsträger werden zurzeit unter anderem in den Ballungsräumen Mainz und Wiesbaden eingesetzt. Bei einem Projekt in Kelheim werden diese Verkehrssysteme künftig auch im ländlichen Raum erprobt, hinzukommen Versuche bei Schlechtwetterlagen wie Starkregen oder Schneefall.

Auf den ländlichen Verkehr zielt auch das Projekt „Sicher in meiner Region“, das seit 2016 Seminare für 16 bis 29 Jahre alte Berufstätige anbietet. Werden auf einer bestimmten Strecke mehr als zwei Unfälle von bestimmen Altersgruppen im einem Jahr beobachtet, werden die Seminare über Unternehmen und Schulen ausgeschrieben. Ziel ist es, den noch wenig erfahrenen Auto- oder Motorradfahrern Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven darzustellen, wodurch sie ihre Einstellungen ändern können. Auch Übungsfahrten stehen auf dem Programm, um ihnen ihr korrektes Verhalten zu bestätigen, oder es eben zu korrigieren.

Auf zwei Rädern bewegt sich Jana Kühl, Professorin für Radverkehrsmanagement an der Ostfalia Hochschule Salzgitter, vorzugsweise fort. Die gerne als „Fahrradprofessorin“ bezeichnete Wissenschaftlerin besitzt fünf verschiedene Fahrräder für verschiedene Verwendungszwecke. Sie sieht im ländlichen Raum einen erheblichen Nachholbedarf bei der Fahrradwege-Infrastruktur. Zu oft ende heute noch ein Fahrradweg im Nirgendwo und der Wechsel auf die enge Fahrbahn der Landstraße erhöhe das Risiko immens. Schnell wird es hierbei jedoch keinen Fortschritt geben, denn von den 90.000 Kreisstraßen-Kilometer sind nur 16 Prozent mit einem Extra-Radweg ausgestattet.

Mathias Raabe, verantwortlich für Kreis- und Regionalentwicklung des Kreises Coesfeld, kann sich dagegen das Prädikat „vorbildlich“ ans Revers heften. Mehr als die Hälfte der 220.000 Einwohner der im Sauerland liegenden Region nutzt das Fahrrad regelmäßig. Die Radfahrerdichte ist hoch und es gibt spezielle Schnellstrecken, die als Velorouten bezeichnet werden. Sie sind mehr als 2,10 Meter breit, so dass Überholen einfach ist und außerdem bei Gegenverkehr genügend Sicherheitsabstand eingehalten werden kann. Dabei wurde großer Wert auf die Bürgerbeteiligung beim Ausbau des Radwegenetzes und dem Entschärfen von Gefahrenstellen gelegt. Das wiederum hat die Akzeptanz der Maßnahmen ebenso wie die Nutzungsdichte des Netzes erhöht.

Unter den Teilnehmern des Forums wünschte sich die Mehrzahl eine Separierung der Radwege sowie eine klare Trennung der Verkehrsströme zwischen ein- und mehrspurigen Fahrzeugen. Mathias Raabe warnt dabei jedoch vor Kreuzungssituationen, wenn Autofahrer den für sie bislang unsichtbaren Radfahrer erst dann wahrnehmen, wenn er die Fahrbahn überqueren muss. Als Lösung sieht der Verkehrswege-Entwickler Radwege, die durch einen Schutzstreifen von den Spuren für den Automobilverkehr getrennt sind und die Radler so für den Autofahrer ständig sichtbar sind.

Dabei steht Deutschland im internationalen Vergleich mit seinen 5,7 Verkehrstoten je 100.000 Einwohner gar nicht schlecht da. Weniger Opfer mussten nur Norwegen (3,4), die Malediven (4,3) Finnland (4,8), Großbritannien (4,7), Spanien (5,5), Schweden (4,4) und die Schweiz (3,6) beklagen. Am sichersten sind die Straßen im Zwergstaat San Marino. Dort kam innerhalb von zwölf Monaten kein einziger Bürger im Straßenverkehr ums Leben.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Deutscher Verkehrssicherheitsrat

 


Veröffentlicht am: 05.07.2021

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