(Dennis Gauert, Autoren-Union Mobilität) Wenn in Thailand etwas auf die Pritsche geworfen wird, haben Westeuropäer wohl eher antiquierte Vorstellungen vom Arbeitsablauf. Doch wer die modernen Entwicklungen in Fernost verschläft, gehört bald selbst zum alten Eisen. So bietet der japanische Hersteller Isuzu seinen in Thailand und China gefertigten D-Max seit 2019 in der dritten Generation an. Im aktuellen Modelljahr kann die asiatische Doppelkabine als Top-Ausstattung „V-Cross“ überzeugen.
Geläufig ist in Deutschland wohl nur Wenigen die Marke Isuzu. Aus den 80er- und 90er-Jahren ist manchem Offroad-Fan vielleicht noch der Mitsubishi-Lizenzbau Trooper bekannt. Seit 2002 kennt man hierzulande nur noch den Pick-up D-Max. Letzterer mauserte sich auf Basis der Zusammenarbeit mit GM zum nützlichen Chevrolet-Lizenzbau, führte in Europa jedoch bis zur dritten Generation ein Schattendasein. Lediglich die Dieselmotoren der Marke fanden millionenfach Platz in Generationen von Opel-Fahrzeugen.
Mit der dritten Generation des D-Max änderte sich 2019 schlagartig der Kurs: Optisch attraktiv, angemessen motorisiert und mit hohem Nutzwert spielt sich der Pick-up in Europa mehr und mehr in die Herzen. Zu verdanken hat Isuzu diesen Turnaround einer exklusiven Plattform mit modernem Design. Insbesondere als V-Cross zeigt der Isuzu dem Ford Ranger, dem Nissan Navara und auch dem benachbarten Mitsubishi-Spross L200 die Zähne.
Der Auftritt ist schon mal gelungen – so sieht es auch die Außenwelt. Auf die Topversion des D-Max schauen Pick-up Fans mit Vergnügen. Denn ein Hauch von Exotik war schon immer die Zutat für eine erfolgreiche Offroad-Pritsche. Die Prägnanz eines Ranger jedenfalls erreicht der D-Max mit seinem großen schwarzen Kühlergrill und den leicht grimmig dreinschauenden LED-Scheinwerfern spielend. Klarglas-Rückleuchten im modernisierten „Lexus-Style“ geben dem D-Max einen zusätzlichen Hauch von Männerspielzeug.
So findet sich im rund 50.000 Euro teuren D-Max V-Cross eine Vollausstattung, die nur noch durch moderate Aufpreise für Sonderlacke ergänzt wird. Mit an Bord sind bereits autonome Fahrfunktionen inklusive selbstlenkender Systeme, ein zuschaltbarer Allradantrieb, eine Untersetzung, sowie ein gesperrtes Hinterachsdifferential. Soft-Touch-Oberflächen, Kunstleder und doppelte Ziernähte wandeln die Vorlagen aus Dearborn und Tokyo gezielt zum Elfmeter um. Schwarze Kontraste am Außenkleid sowie auffällige Turbinenfelgen unterstreichen die Isuzu-DNA zusätzlich.
Entspanntes Fahren in allen Lagen
Dabei dürfte auch das weibliche Publikum vom großen Japaner beeindruckt sein. Das schick geformte Armaturenbrett und die komfortablen Sitze jedenfalls finden überall ihre Anhänger. Überdies kann der D-Max etwas, das man in der Pick-up-Klasse sonst vergeblich sucht: Entspannung. Wo Konkurrenten oft durch charakteristisches Zittern auffallen, bleibt der Isuzu ruhig und solide. Hier passen Federrate und Stoßdämpfer auch unbeladen optimal zusammen – und das obwohl noch eine knappe Tonne auf die Ladefläche gezurrt werden darf.
Beim Antrieb positioniert sich Isuzu klassisch ohne Mittendifferential und steht damit in direkter Konkurrenz zu Navara und Ranger. Einzig der L200 bietet hierzulande einen permanenten Allradantrieb. Alle anderen dürfen ihn nur auf losem Untergrund und bis 100 km/h nutzen. Für den Japaner ist das kein wirkliches Problem, denn bei Isuzu weiß man, wie man die Hinterachse auch unbeladen stabil hält. Das geht rein mechanisch, ESP oder ASR greifen nur bei Grobmotorikern dazwischen. Die hohe Stabilität dürfte auch den eher sportlichen Bridgestone-Sommerreifen geschuldet sein, die man bei einer Pritsche sonst nur selten übers Felgenhorn zieht.
Mit dem passenden Rüstzeug im Antrieb kann sich der D-Max auch auf reinen Straßenreifen in leichtem bis mittlerem Gelände zuverlässig bewegen. Möglich machen das die Untersetzung, der zuschaltbare Allradantrieb und das Hinterachsdifferential, welches auf schlammigem Untergrund den nötigen Grip garantiert. Die Wattiefe von 80 Zentimetern, der Kippwinkel von 45 Grad sowie die kurzen Überhänge halten den Isuzu auch bei Offroad-Fans auf der Landkarte.
Bis zu 3500 Kilogramm am Haken – theoretisch
Fahrdynamisch setzt der Selbstzünder dem D-Max freilich Grenzen: Mit 163 PS (118 kW) und 360 Newtonmetern maximalem Drehmoment aus 1,9 Litern Hubraum mit einem Turbolader motorisiert, erreicht er Tempo 100 km/h in lauschigen 12,6 Sekunden. Bei 180 km/h wird dem Vortrieb ein Ende gesetzt. Die Sechs-Gang-Automatik dirigiert intuitiv und zuverlässig, schnelle Gangwechsel wie in der Pkw-Klasse sind aber auch hier nicht zu erwarten.
Erst nach der Warmlaufphase wandelt sich der Klang des Selbstzünders in kultivierten Vortrieb, ebenso wie die enge Gangabstufung, die den D-Max immer auf Drehmoment hält. Für den normalen Hängerbetrieb ist das Automatikgetriebe gut zu gebrauchen. Theoretisch kann der 2105 Kilogramm schwere Isuzu D-Max V-Cross gar 3500 Kilogramm ziehen. Für solche Fahrten wäre ein zweiter, hubraumstärkerer Motor sinnvoll gewesen. Den gibt es aber nur noch außerhalb Europas. Die standfesten Bremsen hingegen dürften auch mit Maximalbelastungen noch gut zurechtkommen.
Tolle Sitze, schwaches Infotainment
Die Vorteile des D-Max liegen in seinem hohen Fahrkomfort und der nicht minder bequemen Bestuhlung. Auf der Fahrerseite gar elektrisch verstellbar und mit einer Lordosenstütze ausgerüstet, garantieren die perforierten Kunstledersitze hohe Kondition auf langen Etappen. Anders hingegen präsentiert sich das Infotainment-System, das allein schon durch stetige DAB-Signalabbrüche puren Stress produziert. Auch die Aufmachung des Menüs sowie das Bedienkonzept halten nicht Schritt mit der Attraktivität des D-Max V-Cross insgesamt. Immerhin: Der Klang der Lautsprecher kann in dieser Klasse überzeugen.
Fazit: Mit dem D-Max in der V-Cross-Ausstattung liefert Isuzu einen rundum ausgestatteten Begleiter für die täglichen Wege über Stock und Stein. Positiv machen sich Fahrkomfort und Innenraum sowie die Verarbeitung insgesamt bemerkbar. Einen stärkeren Diesel gibt es aktuell nur bei Ford und Nissan. Ob man ihn braucht, hängt vom Nutzungsbereich ab. Einen groben Patzer, in manchen Disziplinen gar einen Totalausfall leisten sich die Japaner beim Infotainment-System, das nicht zum positiven Gesamtbild passen will.
Fotos: Autoren-Union Mobilität/Dennis Gauert