(Walther  Wuttke, Autoren-Union Mobilität) Die Versuche chinesischer  Automobilhersteller, in Europa Fuß zu fassen, waren in den vergangenen  Jahren nicht gerade erfolgreich. Die Karossen zerbröselten in  Crashtests, und selbst niedrige Preise konnten die Kundschaft nicht  überzeugen. 
Das ändert sich jetzt. Nachdem die Auftritte mit  konventionell angetriebenen Modellen im Nichts endeten und höchstens  Kunden in der Dritten Welt überzeugten, zogen sich die Entwickler in  ihre Studios zurück und wagten den Schritt in die Elektromobilität. Das  hat Folgen für den europäischen Markt.
Die jetzt mit Macht nach  Europa rollenden E-Mobile made in China haben nichts mehr mit den  Modellen gemeinsam, die allenfalls hartgesottene Mao-Jünger überzeugen  konnten. Zu den Pionieren gehört die Marke Aiways, die mit dem SUV U5  den Schritt auf den alten Kontinent wagt, und, das Wortspiel sei  erlaubt, die etablierte Konkurrenz in einigen Aspekten durchaus alt  aussehen lässt.
Wieder ist eines der stärksten Argumente der  Preis. Für einen U5 wechseln rund 36.000 Euro den Besitzer. Das ist  ungefähr die Hälfte des Preises, den deutsche Hersteller für ihre SUV’s  in dieser Kategorie verlangen. Bleibt die Frage, ob sich der U5 gegen  die etablierte Konkurrenz behaupten kann. Zwar erreicht der 4,70 Meter  messende SUV nicht die Qualität der europäischen Premium-Modelle, doch  bei genauer Betrachtung haben die Bandarbeiter in China gute Arbeit  abgeliefert. Die Zeiten von müffelnden Hartplastiklandschaften sind  vorbei, die Materialien machen einen guten Eindruck, die Oberflächen  oberhalb der Instrumententafel sind aufgeschäumt, und auch der Rest der  Materialien vermitteln einen wertigen Eindruck.
Beim Design  orientierten sich chinesischen Designer an der scheinbar international  geltenden Formensprache. Offensichtlich haben die Kreativen den Markt  genau beobachtet und eine Silhouette geschaffen, die nicht aneckt. Das  gilt auch für den Innenraum, der kaum Rätsel aufgibt. Die  Platzverhältnisse sind, gemessen an der Außenlänge, großzügig, und auch  der Gepäckraum (432 – 1555 Liter) reicht für den Familienurlaub.
Die  Ausstattung erinnert vor allem in der Premiumversion (38.480 Euro) an  die ersten japanischen Modelle, die der europäischen Konkurrenz zeigten,  wie viel sich für vergleichsweise wenig Geld in ein Automobil packen  ließ. LED-Scheinwerfer, Panoramadach, Regen- und Lichtsensor,  Fernlichtautomatik, Parkautomat, Rundumkameras, Sitzheizung und ein  Abstandsautomat gehören unter anderem zur Serie. Da bleiben kaum Wünsche  offen. Oder doch? Ein Head-up-Display sucht der Mensch hinter dem  U5-Lenkrad ebenso vergebens, wie ein Navigationssystem oder ein  Handschuhfach – das soll aber demnächst nachgerüstet werden, erklärt ein  Aiways-Sprecher. Statt ein kostspieliges Navi anzubieten und den Preis  in die Höhe zu treiben, setzen die chinesischen Macher auf die  Smartphones der Besitzer, die sich mit dem Bediensystem verbinden  lassen.
Apropos, auch bei der Bedienung gibt es noch Bedarf an  Optimierung. Dass sich der U5 über das Bremspedal starten lässt, ist  gewöhnungsbedürftig. Gravierender ist da schon, dass die Entwickler in  China auf Tasten für die wichtigsten Funktionen verzichtet haben, und  stattdessen die Steuerung allein über den berührungsempfindlichen  Bildschirm funktioniert. Das ist nicht gerade zeitgemäß und geht auf  Kosten der Sicherheit.
Mit 150 kW (204 PS) erreicht der U5 ein  vollkommen ausreichendes Leistungsniveau. In 7,8 Sekunden ist aus dem  Stand Tempo 100 km/h erreicht, und bei 160 km/h ist die im Interesse der  Reichweite abgeregelte Höchstgeschwindigkeit erreicht. Einmal in Fahrt  entwickelt der U5 ein unaufgeregtes Temperament. Höchstens bei zügigen  Kurvenfahrten zeigt der SUV eine deutliche Seitenneigung, doch bereitet  das keine Probleme. Das Fahrwerk des Fronttrieblers ist eindeutig in  Richtung Komfort ausgelegt und lässt sich auch von der verbreitet  fehlerbehafteten Infrastruktur nicht aus der Ruhe bringen.
Als  Reichweite verspricht Aiways 410 Kilometer (gemessen nach WLTP).  Tatsächlich kommt der U5 mit einer vollgeladenen Batterie (63 kWh) rund  350 Kilometer weit und kann dann an einer passenden Ladesäule Energie  für 214 Kilometer in einer halben Stunde laden. Den Service übernimmt  die Werkstattkette ATU, die jedoch nur wenige Kontakte mit dem Aiways  haben dürfte. Der Hersteller hat die erste Inspektion erst nach 100.000  Kilometer vorgeschrieben. 
Foto: Autoren-Union Mobilität/Aiways
Viel Auto fürs Geld
... bekommt der Aiways U5-Käufer
Veröffentlicht am: 17.10.2021
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