(Hans-Robert Richarz, Autoren-Union Mobilität) Was die Monterey Car Week im Sommer an der kalifornischen Pazifikküste, ist der Amelia Island Concours im Frühjahr vor der Atlantikküste im Nordosten Floridas.
Wie seit 1996 jedes Jahr am ersten März-Wochenende versammeln sich auch 2022 vom Donnerstag, 3. März, bis zum Sonntag, 6. März, betuchte Oldtimerfans und Sammler wertvollsten Blechs auf vier Rädern im Golf-Club der Insel sowie im benachbarten Luxusresort Ritz-Carlton, wo das Doppelzimmer pro Nacht ohne Frühstück zwischen 1000 und 3000 Dollar (ca. 890 bis 2660 Euro) kostet.
Die Veranstaltung findet in diesem Jahr erstmals unter der Schirmherrschaft des amerikanischen, auf die Versicherung von Oldtimern und Sammlerfahrzeugen spezialisierten Assekuranzunternehmens Hagerty statt, das ihr auch gleich ein neues Logo und einen neuen Namen verpasste. Geblieben jedoch sind die zahlreichen Versteigerungen exklusiver Autos rund um „The Amelia“, die auch 2022 wieder mit einer Reihe von Höhepunkten aufwarten. An der Spitze dürften wieder die Fahrzeuge von sich reden machen, die bei Bonhams, Gooding & Company sowie RM Sotheby’s unter den Hammer kommen.
Bei Bonhams ragen insbesondere zwei Liebhaberstücke auf vier Rädern heraus, wenn am 3. März im Fernandina Beach Golf Club auf Amelia die Versteigerung stattfindet. Da ist einmal der Bugatti Type 57C Stelvio Cabriolet aus dem Jahr 1938, den die Auktionatoren auf einen Wert zwischen 1,1 Millionen und 1,5 Millionen Euro einschätzen. Für Bonhams ist der Wagen ein alter Bekannter. Schon einmal vor sieben Jahren war er bei dem Unternehmen in den USA unter den Hammer gekommen und hatte dabei 1,4 Millionen Euro eingebracht.
Teuerstes Bonhams-Angebot auf Amelia Island wird in diesem Jahr ein Porsche 550 Spider von 1955 sein, der in der Kasse einen Betrag zwischen vier Millionen und fünf Millionen Euro klingeln lassen soll. Der Wagen war der erste, speziell für den Rennsport konstruierte Porsche und zunächst auf nahezu allen europäischen Rennstrecken erfolgreich zu Hause, bis ihn 1958 ein in Deutschland stationierter US-Militär kaufte und 1960 nach Übersee entführte.
Bonhams-Konkurrent Gooding & Company will bei seiner Auktion auf der Insel ein wahres Porsche-Feuerwerk entfachen. Bei dem insgesamt 99 Fahrzeuge umfassenden Angebot stammt ein Drittel aus Zuffenhausen, davon sollen zehn mehr als eine Million Euro einbringen. Zwei davon mit einem geschätzten Wert, der zwischen 2,25 Millionen und 3,15 Millionen Euro liegen dürfte. Es handelt sich dabei um einen Porsche 718 RSK, Baujahr 1959, sowie um einen 1965er Porsche 904/6.
Der 718 RSK fußte auf dem Porsche 550 und konnte als Rennwagen die Erfolge seines Vorgängers sogar noch übertreffen. Bereits beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1958 belegte er mit dem Team Jean Behra/Hans Herrmann den dritten Platz. Zwei Jahre später gelang Hans Herrmann zusammen mit Olivier Gendebien beim Zwölf-Stunden-Rennen von Sebring der Gesamtsieg. Ebenfalls siegreich waren die 718-RS-Versionen bei der Targa Florio 1959, 1960 und 1963.
Von dem Porsche 904/6 wurden lediglich sechs Exemplare gebaut und als Werkswagen bei zahlreichen Rennen eingesetzt. Aufgrund seiner hervorragenden Aerodynamik konnte er Geschwindigkeiten erreichen, die vorherige Sportwagen der Marke nicht schafften. Trotz der vielen technischen Errungenschaften des Modells war der 904 der letzte Porsche, der als echtes Dual-Zweck-Auto entwickelt wurde – gleichermaßen für den Verkehr auf der Straße wie der Rennstrecke. In den letzten 35 Jahren befand sich das Auto in den Händen amerikanischen Sammler, die es in Rennen historischer Fahrzeuge in den USA und in Europa einsetzten.
Das Flaggschiff der Goodings & Company-Versteigerung auf Amelia Island stammt allerdings nicht aus Deutschland, sondern aus Frankreich. Dabei handelt es sich um einen Talbot-Lago T150-C-SS Teardrop Coupe aus dem Jahr 1937, über den die Internet-Oldtimer-Plattform „Zwischengas“ schreibt, dass er „mit seiner aerodynamischen Karosserie von Figoni et Falaschi, die ihm den Namen ‚Goutte d’Eau‘ oder ‚Teardrop‘ gab, zu den schönsten Autos der Geschichte“ gehört. Kein Wunder, dass die Versteigerer keinen Schätzpreis für den Wagen nennen. Er soll jedoch mehr als zehn Millionen Euro einbringen.
Als hätte sich RM Sotheby’s an Gooding & Company ein Beispiel genommen, führen auch hier Porsche-Modelle mengenmäßig die Liste an. Von 87 bei der Amelia-Island-Auktion angebotenen Fahrzeugen tragen 19 das Stuttgarter Wappentier mit dem springenden Pferd, dem Landeswappen Württembergs von 1922 und den Schriftzügen „Porsche“ und „Stuttgart“ im Emblem. Das vermutlich wertvollste Exemplar könnte ein 28 Jahre alter Porsche 911 Turbo S Package werden, dessen Wert die Auktionatoren auf um die eine Million Euro schätzen.
Alle Chancen zum Spitzenreiter aber hat ein stattlicher Packard Twelve Individual Custom Convertible, Baujahr 1934, von dem nur noch drei Exemplare existieren. Das Auto wurde 2014 beim Pebble Beach Concours d’Elegance als „Best of Show“ nominiert und gilt als eines der besten je von Packard produzierten Automobile sowie als eine der bedeutendsten Kreationen der Oldtimerära. Die lange und fließende Motorhaube verbarg einen Zwölf-Zylinder-Motor mit einem Seitenventil von 445 Kubikzoll, der raffiniert, kraftvoll, geschmeidig und leise war. Der Wagen wird auf 3,3 Millionen bis 3,95 Millionen Euro geschätzt.
Nur unwesentlich preiswerter dürfte ein 2015er Ferrari La Ferrari zu haben sein. Als erster Serien-Ferrari verfügte er über einen Hybridantrieb – ein System, das bei Ferrari HY-KERS genannt wird und aus der Formel 1 abgeleitet wurde. Mit einer Gesamtleistung von 963 PS (708 kW) beschleunigt der Sportwagen in rund drei Sekunden von 0 auf 100 km/h, nach weiteren vier Sekunden erreicht er die 200-km/h-Marke. Angeblich bewarben sich mehr als 1000 Käufer für den auf 499 Stück limitierten Supersportler um dessen Neupreis Ferrari ein Geheimnis machte, der jedoch in einer Größenordnung von rund einer Million Euro gelegen haben dürfte.
Die drei Oldtimerauktionen auf Amelia Island gelten neben den Veranstaltungen in Monterey als die prestigeträchtigsten Events der Oldtimerszene. Sie zeigen auch, dass – genügend gefüllte Bankkonten vorausgesetzt – die Investition in edles Blech eine gute Geldanlage sein kann.
Fotos: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby’s
Porsche-Feuerwerk auf Amelia Island
... bei der Oldtimerauktion
Veröffentlicht am: 28.02.2022
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