
Die Ausstellung Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst im Potsdamer Museum Barberini präsentiert vom 25. Oktober 2025 bis 1. Februar 2026 rund 150 Werke und Objekte, darunter z.B. auch Arbeiten von Arnold Böcklin und Albrecht Dürer rund um und mit dem Einhorn.
Wie kein anderes Tier hat das Einhorn die Phantasie angeregt. Seit Jahrhunderten ist es in vielen Kulturen belegt. Die Spur des Einhorns zeigt sich in der christlichen und außereuropäischen Kunst, in Naturwissenschaft und Medizin und einer vielfältigen Symbolik. Die Beschäftigung mit der Ikonographie des Einhorns lädt ein zu Reflexionen über Weltwissen, Ambivalenzen und Projektionen. Zum ersten Mal wird dieses Thema im Überblick von der Antike bis zur zeitgenössischen Kunst erforscht und ausgestellt.
Die Ausstellung Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst präsentiert rund 150 Werke und Objekte, darunter Arbeiten von Arnold Böcklin, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Angela Hampel, Rebecca Horn, René Magritte, Gustave Moreau, Aurélie!Nemours, Olaf Nicolai, Joachim Sandrart, Marie Cécile Thijs und Maerten de Vos. Die Bandbreite der Exponate bildet eine Zeitspanne vom zweiten Jahrtausend vor Christus bis in die Gegenwart ab und umfasst neben Gemälden und Grafiken auch Skulpturen, Manuskripte, Tapisserien, Videoarbeiten und Kunstkammerobjekte. Zu den Leihgebern zählen das Ashmolean Museum, Oxford, die Gallerie degli U"zi, Florenz, das Grüne Gewölbe, Dresden, das Historische Museum Basel, das Metropolitan Museum of Art, New York, das Musée du Louvre, Paris, das Museo Nacional del Prado, Madrid, das Rijksmuseum, Amsterdam, und das Victoria and Albert Museum, London.
Das Einhorn stand und steht für Freiheit und Unbezähmbarkeit, für Reinheit und Unschuld, für Natürlichkeit und Zuneigung. Dabei ist die Faszination für das Fabeltier kein neues Phänomen – sie reicht über Jahrhunderte, sogar Jahrtausende zurück und ist in vielen Kulturen verbreitet. Ihren Ursprung hat die Erzählung vom Einhorn in Indien, von wo aus sie sich nach China und – über Persien und Ägypten – nach Europa verbreitete. Hier erhielt das Einhorn viele Bedeutungen: Es galt als Symbol für Christus, weshalb es auf vielen Altarbildern gezeigt wurde, es galt als Zeichen der Keuschheit und wurde oft mit einer jungen Frau gemalt, und seinem Horn wurden medizinische Wunderkräfte nachgesagt, weshalb sich viele Apotheken nach dem Einhorn benannten.
Im Mittelalter zweifelte niemand an der Existenz des Einhorns, schließlich kam es ja auch in der Bibel vor. Außerdem gab es als sichtbaren Beweis das wundersame Horn des Einhorns, das in manchen großen Kirchen zu sehen war: eine lange weiße, spiralig gedrehte Stange, die oben spitz zuläuft. Erst im 17. Jahrhundert konnten Naturforscher beweisen, dass es sich dabei um einen Zahn des Narwals handelt. Aber auch diese wissenschaftliche Erkenntnis konnte der Anziehungskraft des Einhorns keinen Abbruch tun.
„Das Einhorn ist magisch. Das mythische Wesen ist ein vielschichtiges Zeichen, von dem eine besondere assoziative Energie ausgeht. Es ist in keinem Zoo als lebendes Tier zu sehen, aber zugleich allgegenwärtig – in der Popkultur, als Werbung oder in den Kinderzimmern“, erklärt Michael Philipp, Chefkurator des Museums Barberini und Kurator der Ausstellung. „Das eine Horn auf der Stirn, das kein anderer Vierfüßer trägt, gilt als Zeichen der Auserwähltheit. Es zeigt das Einhorn als etwas Außergewöhnliches, das einer anderen Welt als der alltäglichen angehört. Dieser übernatürliche Status, seine ferne Vertrautheit, macht es zu einer Projektionsfläche für Sehnsüchte und Idealvorstellungen, die sich aus überlieferten Geschichten und Bildern speist.“
Kunstwerke von Maerten de Vos bis Rebecca Horn
Die umfangreiche Ausstellung im Museum Barberini beleuchtet anhand herausragender Kunstwerke die vielen Facetten des Einhorns. Sie zeigt das monumentale Gemälde von Maerten de Vos, der 1572 ein Einhorn als machtvollen, kampfbereiten Charakter portraitierte (Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin), aber auch die Plastik eines knienden Einhorns aus Tibet aus dem 18. Jahrhundert, die aus einem buddhistischen Tempel stammt (Museum Rietberg, Zürich).
Auf einer persischen Fliese aus dem 13. Jahrhundert kämpft das Einhorn gegen den Elefanten (Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Islamische Kunst), auf einem Wandteppich von etwa 1625 gegen Löwen und Panther (Adornes Estate, Brügge). Aber es wird auch gejagt – Alexander der Große kämpft, wie ein Manuskript aus dem 13. Jahrhundert zeigt, gegen ein ganzes Heer von Einhörnern (Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett), auf einem Altargemälde von etwa 1480 scheucht der Erzengel Gabriel das Einhorn zur Jungfrau Maria (Erfurter Dom).
Zu sehen ist das große Horn des Einhorns aus St. Denis, das im Mittelalter berühmt war und von vielen Pilgern aufgesucht wurde (Musée de Cluny, Paris), ebenso wie alte Apothekengefäße für medizinisches Einhornpulver (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg; Deutsches Apotheken-Museum, Heidelberg). Um 1533 malte Hans Baldung Grien das Einhorn mit anderen Geschöpfen im Paradies (Angermuseum, Erfurt), Paulus Potter setzte es 1650 zur Legende von Orpheus, der die wilden Tiere besänftigt (Rijksmuseum, Amsterdam). Gedruckte Reiseberichte künden von angeblichen Einhorn-Sichtungen, Naturwissenschaftler wie Conrad Gessner erforschen das Tier (beide Staatsbibliothek Berlin – Preußischer Kulturbesitz). Kostbare Kunstkammer- gefäße aus Elfenbein oder Silber feiern im 16. und 17. Jahrhundert das schöne Tier (u.a. Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden).
Wie sehr das Einhorn für Künstlerinnen und Künstler seit dem 19. Jahrhundert zum Musterbeispiel der kreativen Phantasie wurde, zeigen Werke von Arnold Böcklin (Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Sammlung Schack München; Muzeum Narodowe w Poznaniu, Posen) oder Arthur B. Davies, der eine märchenhafte Landschaft mit vier Einhörnern um 1906 ins Bild setzt (The Metropolitan Museum of Art, New York), von Alfred Kubin (Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg) und René Magritte (Privatsammlung) bis Rebecca Horn (Tate, London). Die künstlerische Inspiration des Einhorns wirkt bis in die jüngste Zeit, etwa in den Photographien von Marie Cécile Thijs, Videoarbeiten von Maïder Fortuné oder Skulpturen von Olaf Nicolai.
Die Ausstellung versammelt in neun Sälen des Museums rund 150 Werke aus einem Zeitraum von etwa 4000 Jahren, darunter Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphiken, illuminierte Manuskripte, Plastiken und Tapisserien. „Viele dieser Werke werden nur selten ausgeliehen“, sagt Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini. „Wir freuen uns, dass wir mit unserem Ausstellungskonzept über 80 Leihgeber aus 16 Ländern überzeugen konnten.“ Zu den Leihgebern gehören die Albertina, Wien, das Ashmolean Museum, University of Oxford, die Gallerie degli U"zi, Florenz, das Germanische Nationalmuseum, Nürnberg, das Grüne Gewölbe der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das Historische Museum Basel, die KB Nationale Bibliotheek, Den Haag, das MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien, das Metropolitan Museum of Art, New York, das Musée du Louvre, Paris, die Musées royaux d’Art et d’Histoire, Brüssel, das Museo Nacional del Prado, Madrid, das Rijksmuseum, Amsterdam, das Szépmu ´´ vészeti Múzeum, Budapest, und das Victoria and Albert Museum, London.
Ausstellung leistet wegweisenden Beitrag zur Erforschung mythischer Motive in der Kunst
Die Ausstellung Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst!bereitet dieses faszinierende Thema erstmals in dieser Breite und Tiefe museal auf und erschließt neue kunsthistorische Perspektiven: Sie verdeutlicht, wie das Einhorn in verschiedenen kulturellen, religiösen und wissenschaftlichen Kontexten über Jahrtausende hinweg symbolisch aufgeladen wurde – und beleuchtet bislang kaum beachtete ikonographische Verbindungen und historische Wandlungen. Zu allen Kapiteln der umfangreichen Schau wurden Schriftquellen gehoben, übersetzt und interpretiert, die den zeithistorischen Kontext der Kunstwerke und ihre Verkettung vor Augen stellen: Quellentexte von antiken Schriftstellern, christlichen Theologen, Naturforschern und Medizinern der Frühen Neuzeit.
Aus der Quellensammlung entstand eine Anthologie für den 400-seitigen Katalog (Prestel Verlag, München), ein vielstimmiges Gewebe aufeinander aufbauender Texte von Reisenden und Naturkundlern, von Kompilatoren, Mönchen, Ärzten und Dichtern vom Jahr 400 v. u. Z. bis zu Rainer Maria Rilke und Umberto Eco. Der Katalog enthält Aufsätze von Adrien Bossard (Nizza), Béatrice de Chancel-Bardelot (Paris), Barbara Drake Boehm (New York), Michael Philipp (Potsdam), Annabelle Ténèze (Lens) und Stefan Trinks (Berlin).
„Die intensive wissenschaftliche Recherche und die im Katalog versammelten Textquellen eröffnen neue Impulse für die kunsthistorische Forschung und belegen, wie das Fabelwesen als Projektionsfläche für kollektive Vorstellungen und kulturelle Narrative diente“, erklärt Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini. „Damit leistet die Ausstellung einen wegweisenden Beitrag zur Erforschung mythischer Motive in der Kunst und ihrer Rezeption durch die Jahrhunderte.“
Ein umfangreiches Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramm mit Führungen, Workshops, Vorträgen, Gesprächen, einer Lesung und einem Konzert sowie einem Filmprogramm begleitet die Schau. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Musée de Cluny und der GrandPalaisRmn, Paris. Im Musée de Cluny ist die Schau als zweite Station vom 13. März bis 12. Juli 2026!zu sehen.
Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst
25. Oktober 2025 – 1 .Februar 2026
Museum Barberini, Potsdam
Mo, Mi–So: 10–19 Uhr
Dienstags geschlossen
Tickets 10 - 20 Euro
Foto: Maerten de Vos, Einhorn, 1572, Öl auf Eichenholz, 137 × 136,5 cm, Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin, Ulrich Pfeuffer




